Michel Müglich, keine systematische Lohndiskriminierung zwischen Männern und Frauen in der Verwaltung. Sind Sie erleichtert?
Natürlich bin ich das. Wir haben jetzt eine saubere Auslegeordnung und wir haben die Gewissheit, dass wir in der Frage der Lohngleichheit auf der richtigen Seite sind. Es ist bei uns nicht so, dass die Frauen generell aufgrund ihres Geschlechtes weniger verdienen würden, also eine Lohndifferenz von 5 Prozent oder mehr existiert. Mit 3,1 Prozent liegen wir innerhalb des national anerkannten Toleranzbereiches, in dem nicht von systematischer Diskriminierung gesprochen wird.
Und was sagen Sie einer Mitarbeiterin, die in der St.Galler Verwaltung «nur» 3,1 Prozent weniger verdient als Männer?
Da gibt es nichts zu beschönigen. Natürlich sind auch diese 3,1 Prozent zu viel, das wollen wir nicht. Wir wollen Lohngleichheit schaffen.
Diese 3,1 Prozent sind ein Durchschnittswert über alle Departemente hinweg. Gibt es Departemente, in denen die Ungleichheit ausgeprägter ist?
Ja. In einigen Departementen gehen die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen gegen 5 Prozent. Es sind diejenigen Departemente, in denen mehr Männer als Frauen arbeiten, also Departemente, in denen es Berufe gibt, die eher Männer anziehen. Das führt dazu, dass die wenigen ungleichen Verteilungen mehr ins Gewicht fallen.
Michel Müglich ist Personalchef des Kantons St.Gallen
Gibt es weitere Faktoren, die zu stärkeren Lohnunterschieden führen?
Das Dienstalter spielt auch eine Rolle. Diejenigen Mitarbeitenden, die schon lange beim Kanton sind, konnten früher vom damaligen automatischen Lohnanstieg profitieren, der für Männer und Frauen gleich war. Das neue Lohnsystem mit individuelleren Lohnstufen birgt im Unterschied zum früheren System die Gefahr, dass es beim Lohn zu Verschiebungen kommen kann, weil Männer bevorteilt werden könnten. Das darf natürlich nicht passieren, weshalb wir besonders auf diesen Punkt achten müssen.
Eine systematische Lohndiskriminierung gibt es in der Verwaltung nicht. Könnte man also nicht einfach sagen: «Schwamm drüber»?
Das wäre falsch. Chancengleichheit und Lohngleichheit sind fest verankert in der Schwerpunktplanung der Regierung. Wir stehen in der Pflicht, diese Ziele auch umzusetzen. Wir haben als Kanton eine Vorbildfunktion. Es geht um Glaubwürdigkeit nach innen und aussen.
Wie wollen Sie das erreichen?
Mit der Lohngleichheitsprüfung ist erst die Basis gelegt. Die Regierung lässt die Resultate der Prüfung nun genauer untersuchen. Das Ziel ist festzustellen, wo genau die Ursachen für die noch vorliegende Lohnungleichheit liegen und wie diese beseitigt werden können.
Wir wollen Lohngleichheit schaffen.
Mit welchen konkreten Konsequenzen?
Wir werden in diesen Fällen auf die Amtsleitungen beziehungsweise auf die Departemente zugehen und die Sache anschauen. In letzter Konsequenz muss dies bedeuten, dass der Lohn der betroffenen Mitarbeiterin korrigiert wird.
Was sind die Tücken bei dieser Arbeit?
Lohngleichheit basiert auf Vergleichbarkeit. Diese Vergleichbarkeit zu erreichen, ist extrem schwierig. Das kommt unter anderem daher, dass es in der Verwaltung eine Vielzahl und Vielfalt verschiedener Jobbilder und Anstellungsformen gibt, feste Anstellungen, Anstellungen im Stundenlohn, Personen, die für Aufträge angestellt sind und so weiter. Hier eine saubere Vergleichbarkeit zu erreichen, ist schwierig. Es dürfte also immer eine gewisse Unschärfe bleiben.
Ist eine hundertprozentige Lohngleichheit überhaupt möglich?
Eine Null-Differenz bei den Löhnen zwischen Frauen und Männern muss unser Ziel sein. An diesem Ziel wollen wir festhalten. Mit einer gewissen Unschärfe müssen wir vermutlich leben – das hindert uns aber nicht, unser Ziel stets weiterzuverfolgen.