Marc Mächler, wie schlecht steht es um die Finanzen des Kantons wirklich?
Wir rechnen in den nächsten Jahren mit Defiziten von 160 bis 240 Millionen Franken. Unser Haushalt ist also nicht im Gleichgewicht, wir geben mehr aus, als wir einnehmen. Wir müssen deshalb vom Ersparten – vom Eigenkapital – zehren. Das Positive: Wir haben Eigenkapital. Doch das Defizit ergibt sich nicht nur wegen Corona-Effekten und der schlechteren Konjunktur, sondern ist auch strukturell bedingt. Deshalb müssen wir den Haushalt wieder in ein Gleichgewicht bringen.
Wo stehen wir damit im Vergleich zu anderen Jahren, in denen wir die Kosten ebenfalls senken mussten?
Wir bewegen uns in einem ähnlichen Rahmen wie bei den bisherigen Entlastungspaketen.
Dem Kantonsrat ging der Vorschlag der Regierung zu wenig weit. Er hat die Summe, die man einzusparen hat, von 60 auf 120 Millionen Franken verdoppelt. Was bedeutet das für die Verwaltung?
Der Kantonsrat hat unser Anliegen grundsätzlich unterstützt, aber das Tempo und das Ausmass erhöht. Er gab uns den Auftrag, die von uns vorgeschlagenen 120 Millionen Franken nicht in zwei Phasen, sondern in einer zu erreichen. Zudem will der Kantonsrat, dass die Entlastungsmassnahmen schneller greifen. Das bedeutet, dass wir im Budget 2022 um 40 Millionen Franken besser dastehen müssen – sei es, indem wir Kosten einsparen oder die Einnahmen erhöhen. In den Folgejahren 2023 und 2024 müssen wir nochmals jeweils 40 Millionen Franken an Entlastungen vollziehen. Die zeitliche Staffelung ist deshalb nötig, weil wir auch Gesetze oder Leistungsaufträge anpassen müssen. Diese verlangen einen bestimmten zeitlichen Vorlauf.
Welche Massnahmen stehen im Vordergrund?
Das kann ich heute noch nicht sagen. Die Regierung hat aber den Prozess definiert, wie wir zu den Entlastungsmassnahmen kommen, und wir haben den Zeitplan festgesetzt.
Wie sieht dieser Zeitplan aus?
Bis vor den Sommerferien müssen wir ungefähr wissen, wo wir fürs Budget 2022 Entlastungen vorsehen können. Danach folgt die Beratung in der Regierung. Kommunizieren können wir die Massnahmen dann im Herbst. Was ich sagen kann: Wir möchten möglichst wenig “kosmetische Einsparungen” vollziehen, sondern nachhaltig die Kosten reduzieren. Deshalb konzentrieren wir uns auf die grossen Budgetposten. Dazu gehören auch die Staatsaufgaben wie beispielsweise Bildung, Gesundheit und Soziales.
Der Kantonsrat verlangt auch beim Personal Abstriche. So darf die Regierung für nächstes Jahr keine zusätzlichen Stellen planen. Was bedeutet das für die Arbeit der Verwaltung?
Ich finde es falsch, dass uns der Kantonsrat bei den zusätzlichen Stellen keinen minimalen Handlungsspielraum lässt. In gewissen Bereichen haben wir klaren Handlungsbedarf, beispielsweise in der IT und der Cybersicherheit. Wir müssen deshalb intern die Effizienz erhöhen. Und wir müssen uns überlegen, ob wir mit internen Stellenumschichtungen zum Ziel kommen. Das ist anspruchsvoll.
Wenn über die Departemente hinweg Stellenprozente verschoben werden, kann das auch Ärger und Neid auslösen.
Die Regierung muss Schwerpunkte setzen und die Ressourcen priorisieren. Das kann selbstverständlich zu heiklen Diskussionen führen.
Wird der Kanton auch Stellen abbauen müssen?
Wir sind ein «Dienstleistungsbetrieb mit einem umfassenden Angebot». Qualifiziertes und motiviertes Personal ist eine Grundvoraussetzung, um diese Dienstleistungen erbringen zu können. Der Kantonsrat verlangt von uns, dass wir die Effizienz erhöhen. Wenn wir effizienter arbeiten, ist teilweise auch weniger Personal nötig. Das kann im schlechtesten Fall bedeuten, dass wir Anpassungen bei den Stellen machen müssen. Die Regierung wird aber – sollten solche Massnahmen erforderlich sein – verantwortungsvoll und sozialverträglich damit umgehen.
Die Regierung muss Schwerpunkte setzen und die Ressourcen priorisieren.
Als Sparmassnahme hatte man auch schon den automatischen Stufenanstieg ausgesetzt. Ist es möglich, dass die Regierung auch dieses Mal auf individuelle Lohnmassnahmen verzichtet?
Nein, der Kantonsrat ist auch der Ansicht, dass individuelle Lohnmassnahmen im neuen Lohnsystem sehr wichtig sind. Darüber bin ich sehr froh, denn so können wir als Arbeitgeber attraktiv bleiben.
Sie sprechen von einem Haushaltsgleichgewicht. Die Medien schreiben von einem Sparpaket. Gibt es einen Grund für diese semantische Unterscheidung?
Ja, denn wir setzen das Ziel in den Fokus – wir wollen einen ausgeglichenen Haushalt. Dass dazu auch das Sparen gehört, ist klar. Aber auch Mehreinnahmen sind eine Option. Sparen ist also nicht unser Antrieb, sondern die nachhaltige Gesundung unserer Finanzen.
Die Sparmassnahmen fallen in eine Krisenzeit, in der viele nach dem Staat rufen. Jetzt will der Kantonsrat beim Staat sparen. Ist das aus Ihrer Sicht widersprüchlich oder logisch?
Es ist nicht widersprüchlich. Die Zeitachse ist relevant: In der aktuellen Corona-Krise ist es wichtig und richtig, dass wir investieren und deutlich mehr Geld ausgeben, als geplant. Die Corona-Krise wird aber wohl nächstes Jahr nicht mehr so arg sein. Die Konjunktur wird sich gemäss Konjunkturinstituten stark erholen. Die Entlastungsmassnahmen greifen deshalb in der Zeit nach der Krise und stehen somit nicht im Widerspruch zur aktuellen Situation.