Das Abschiedsinterview mit Kulturchefin Katrin Meier

Das Interview führte Carole Zwahlen, Mitarbeiterin Kommunikation, Staatskanzlei

Das Abschiedsinterview mit Kulturchefin Katrin Meier

Das Interview führte Carole Zwahlen, Mitarbeiterin Kommunikation, Staatskanzlei
Sie stellte über ein Jahrzehnt die Weichen für eine nachhaltige Kulturpolitik im Kanton: Katrin Meier verlässt Ende März das Amt für Kultur und spricht über Gestaltungsmöglichkeiten, das politische System und die Rolle der Frau in der Führungsetage.

Katrin Meier, als Frau in einer Leitungsposition: Welche Frage können Sie nicht mehr hören?

Eine konkrete Frage gibt es nicht. Jedoch finde ich es etwas müssig, dass immer noch auffällt, wenn eine Frau etwas als Erste macht oder wird.

Weshalb?

Vor 50 Jahren wurde in der Schweiz das Frauen­stimmrecht eingeführt. Seither haben sich Frauen in unzähligen Ämtern engagiert. Es sollte selbstverständlich werden, eine Frau in einer Führungs- und Leitungsposition zu sehen. An dieser gesel­lschaftlichen Entwicklung müssen wir weiter­arbeiten, aber das braucht offensichtlich Zeit.

Hatten Sie als Frau einen Nachteil?

In meiner Tätigkeit war das keine Schwierigkeit. Das kann daran liegen, dass im Kulturbereich bereits eine grosse Durchmischung an Personen besteht, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft. Und ich sehe auch die andere Seite:
Da es weniger üblich ist, eine Frau in einer Leitungsposition zu sein, kann die entsprechende Aufmerksamkeit auch für die Aufgabengestaltung genutzt werden.

Seit 13 Jahren leiten Sie das Amt für Kultur. Hat diese Führungsposition Sie verändert?

Ja und nein. Meine Einschätzungen zu bestimm­­ten Aufgaben und Geschäften kann ich heute deutlicher vertreten. Und ich habe ein besseres Gespür entwickelt, wie Lösungen zustande kommen könnten, die breit getragen und schliesslich Realität werden. Anderes hat sich wohl wenig verändert, etwa meine Art zu führen.

Was schätzen Sie an Ihrer Position?

Das Amt für Kultur hat die Chance, kulturelle Orte und Räume zu fördern, in denen sich Menschen austauschen, Orte der Identität und auch der Poesie, der Schönheit, der Fantasie – eine wunderbare Aufgabe für ein Amt. Ich schätze es zudem sehr, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die viel Wissen und Leidenschaft mitbringen. Das faszinierte mich am Amt für Kultur bereits, bevor ich es zu leiten begann: Dass viele Beteiligte engagiert zusammenarbeiten und etwas anstossen, das auch umgesetzt und getragen wird. Dieser Grundauftrag hat sich in den letzten 13 Jahren nicht verändert.

Das klingt fast selbstlos.

Es ist nicht selbstlos, ich habe grosse Freude an meiner Arbeit. Aber ich sehe meine Aufgabe als eine für die Kultur, die Bevölkerung im Kanton.

Meine Arbeit ist für die Kultur und die Bevölkerung

Sie sind also kein Machtmensch?

Ich sehe mich selbst als Mitgestalterin. Einfluss verteilt sich in der Verwaltung auf mehrere Positionen. Dies ergibt ein sehr interessantes Zusammenspiel. Dadurch, dass wir im politischen System Grundlagen entwickeln und umsetzen, tragen wir einen Mosaikstein zu demokratischen Entscheidungen der Regierung und des Kantonsrates bei und wirken an gesellschaftlichen Veränderungen mit.

Bei welchem Projekt, das Sie begleitet haben, war Ihr Fingerabdruck besonders gross?

In den letzten Jahren sind interessante Kulturorte entstanden, etwa die Lokremise St.Gallen oder das Schloss Werdenberg, andere sind in Entwicklung, etwa das Klanghaus, die Bibliothek. Die Gesetze sind auf dem neusten Stand, der Kantonsrat hat die Kulturförderstrategie verabschiedet. Und das Amt für Kultur steht mit seinem gut eingespielten Team auf einem soliden Fundament.

Im Mai übernehmen Sie das Präsidium des Ortsbürgerrates der Ortstbürgergemeinde St.Gallen. Welche Führungsqualitäten nehmen Sie mit?

Den Willen und die grosse Freude daran, gemeinsam mit den Beteiligten ein Zukunftsbild zu entwickeln, zu positiven Entwicklungen in der Stadt beizutragen und die Gemeinschaft mitzugestalten.

Seit 2007 hat Katrin Meier die Kultur im Kanton massgeblich geprägt.

Es sind einige markante Wegmarken, die Katrin Meier gesetzt hat. Etwa den Aufbau der kantonalen Kulturstandorte, zu denen unter anderen die Lokremise St.Gallen oder die Museen und die Schlossmediale Werdenberg gehören. Auch bei der Erneuerung und Erweiterung für Konzert und Theater St.Gallen und der Planung des Klanghauses Toggenburg war das Amt für Kultur massgeblich beteiligt. Weitere Meilensteine: die regionalen Kulturförderorganisationen, die sich seit 2007 fast überall im Kanton gebildet haben, und die Kulturförderstrategie 2020 bis 2027, die im letzten Jahr vom Kantonsrat genehmigt wurde.

Ein weiteres herausragendes Projekt in Katrin Meiers Amtszeit ist die kantonale Bibliotheksstrategie. Die Pläne für eine neue Kantons- und Stadtbibliothek am Standort Blumenmarkt/Union sind weit fortgeschritten, und seit 2015 wird die Bibliothek Hauptpost erfolgreich betrieben. Stark verändert haben sich in den vergangenen Jahren auch die Tätigkeiten zugunsten der Bewahrung und Überlieferung des kulturellen Erbes in der Denkmalpflege, der Archäologie sowie dem Verein Weltkulturerbe Stiftsbezirk St.Gallen, dessen Gründungspräsidentin Katrin Meier war.