Keine Probleme, nur Herausforderungen

Hand-Werk mit Kurt Köppel, Leiter Rheinunternehmen

Text und Fotos: Carole Zwahlen, Mitarbeiterin Kommunikation, Staatskanzlei

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06:30: Der Nebel liegt dicht über dem Rheintal. In Widnau zwischen Rhein und Autobahn brennt aber bereits Licht. Kurt Köppel richtet sich jeweils früh am Morgen in seinem Büro ein – im Rheinunternehmen, das er seit elf Jahren leitet.

07:30: Eine Stunde später steht Kurt Köppel vor seinen Mitarbeitenden und bespricht mit ihnen, was an diesem Tag ansteht. Sein Team umfasst 24 Personen, die sich mit Arbeiten an der frischen Luft oder im Büro um den Hochwasserschutz im Rheintal kümmern. Es ist ein Potpourri an Aufgaben: das Land am Rhein mähen, Neophyten bekämpfen, Kiesstrassen auf Vordermann bringen, Dammböschungen pflegen, Buschgruppen zurückschneiden oder die Dämme des Rheins auf Dachslöcher kontrollieren. Auch die eige­nen Gebäude und Anlagen unterhält das Team selbst, genauso wie die grossen und effizienten Arbeitsmaschinen. Die eigene Werkstatt ist dafür ausgerüstet.

«Wir Rheintaler reden gerne Klartext», findet Kurt Köppel. «Mir ist es wichtig, dass meine Leute klare Aufträge erhalten und auch wissen, was bei den Kollegen auf dem Programm steht.» Zu diesem Zweck erstellt Kurt Köppel jede Woche ein Programm, das er seinen Mitarbeitenden und externen Beteiligten zustellt. So funktioniere die Zusammenarbeit am besten.

Während sich sein Team auf den Weg macht, geht Kurt Köppel zurück in sein Büro und konsultiert die aktuellen hydrologischen Daten sowie diverse Prognosen. Heute sehe es gut aus, meint Kurt Köppel: «Der Rhein hat keine Dynamik, die mir Angst macht.» Wenn die Gewässerprognose nach Hochwasser aussieht, muss man vorbereitet sein. Das ist das Rheinunternehmen immer. Der Hoch­wasserschutz ist eine Jahresaufgabe nach dem Motto: Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser. 

09:30: Kurt Köppel ist ein vielbeschäftigter Mann und sein Bürostuhl nie lange warm. Trotzdem gönnt auch er sich ab und zu eine Kaffeepause, um mit seinen Mitarbeitenden ein Schwätzchen zu halten. Ihm ist es wichtig, für seine Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen und deren Anliegen da zu sein. Seine Tür sei immer offen.

10:00: Neben der Rheinstrecke von Bad Ragaz bis zum Bodensee gehören zum «Revier» des Rheinunternehmens auch 300 Hektar Wald. Heute werden in Diepoldsau einige Bäume gefällt. Kurt Köppel schnappt sich seine Arbeitsjacke und macht sich mit seinem Stellvertreter Claudio Senn auf, um die Arbeiten in Augenschein zu nehmen. Das Rheinunternehmen hat bereits auf Winterarbeiten umgestellt. In der Hochwasser-Hochsaison von Mai bis Oktober steht die Pflege des Rheingebiets im Vordergrund. Im Winter wird Holz geschlagen oder Bachgehölze entfernt.

Auf der Anhöhe des Rheindamms ist die Kraft des grössten Wildbachs von Europa gut ersichtlich. Noch vor 150 Jahren hat er hier grossen Schaden angerichtet. Das Rheintal wurde regelmässig überflutet, die Äcker unbrauchbar, die Ernte zerstört. Erst mit der Rheinregulierung blühte das Tal auf. Sie schützte die Bevölkerung und sicherte wichtige Arbeitsplätze. Eine ganze Region vor Wassermassen zu schützen, ist eine Verantwortung, die Kurt Köppel sehr ernst nimmt. Die Alarmbereitschaft ist immer hoch.

11:00: Der nächste Termin bringt Kurt Köppel und Claudio Senn auf eine Baustelle. Ein Teil des Rheindamms muss saniert werden, da das Wasser nicht mehr richtig durchsickert. Auf Baustellen lasse er sich ab und zu gerne unangekündigt blicken, sagt Kurt Köppel. Oft ist der Besuch aber mit einer Entscheidung verbunden, zum Beispiel mit der wichtigen Frage: Können wir hier so weitermachen? 

Überhaupt trifft Kurt Köppel täglich unzählige Ent­scheidungen: Wer ist wo im Einsatz? Kann der Mitarbeiter Ferien beziehen? Wer springt ein, wenn wegen eines Corona-Alarms Quarantäne angesagt ist? Bereits zwei Mal mussten Kurt Köppel und sein Team in diesem Jahr ein Hochwasser bewältigen. «Die kommen übrigens immer an Wochenenden oder Feiertagen», erklärt er schmunzelnd. Im Ernstfall braucht es einen klaren Kopf, ein gutes Verständnis der Prognosen und einen entscheidungsfreudigen Kurt Köppel, der das Steuer übernimmt.

12:00: Der Leiter des Rheinunternehmens ist ständig in Aktion. Sein Telefon klingelt häufig, täglich gehen 25 bis 30 Mails ein. In seiner Freizeit ist Kurt Köppel gerne bei seiner Familie. So auch beim Mittagessen, das er zu Hause – zehn Velominuten vom Arbeitsplatz entfernt – mit seiner Frau geniesst.

13:00: Auf das Rheinunternehmen kommt ab Januar eine Welle der Veränderung zu. Einiges ist «hausgemacht». So plant das Unternehmen einen neuen Webauftritt, ein neues Logo und eine neue und effiziente Art der Arbeitszeiterfassung. All dies bespricht Kurt Köppel heute Nachmittag mit Marcel Mattle, dem Leiter Personal und Finanzen. Ausserdem testen die beiden heute eine weitere Neuheit: ein System für die Projektführung des Rheinunternehmens. In diesem soll übersichtlich abrufbar sein, welche Projekte in welchem Zeitraum anstehen oder wie die Finanzen dafür aussehen.

Ein weiterer grosser Brocken, der die Arbeit des Rheinunternehmens in nächster Zeit beeinflusst, ist das Hochwasserprojekt «Rhesi» der Internationalen Rheinregulierung. Auch das Baudepartement des Kantons St. Gallen ist involviert. Mit Rhesi soll die Abflusskapazität des Alpenrheins erhöht werden, damit das Rheintal noch besser vor Hochwasser geschützt ist. Der Rhein wird sich in nächster Zeit wandeln, die Hauptaufgabe des Rheinunternehmens ändert sich dadurch aber nicht.

18:00: Kurt Köppels Arbeitstage enden meist um etwa 18 Uhr. Die lange Besprechung am Nachmittag zu den vielen Veränderungen stimmt ihn zuversichtlich. «Wir haben viel vor», sagt er, «und wir sind sportlich unterwegs.» Ein Problem sei das aber nicht. Für Kurt Köppel gibt es sowieso keine Probleme, nur Herausforderungen.