Einblicke ins Kloster St.Pirminsberg Pfäfers

Das bauliche Kulturerbe des Kantons St.Gallen und seine Nutzung

Text: Michael Niedermann, dipl. Architekt FH SWB, Kantonaler Denkmalpfleger | Fotos: Hanspeter Schiess

24 25 Bild 1 Klinik Pfaefers Foto Hanspeter SchiessSG

Die heutige Klinik St. Pirminsberg in Pfäfers ist die Erfolgsgeschichte einer vor über 175 Jahren eingeleiteten Umnutzung eines der wichtigsten baulichen Kulturobjekte des Kantons St.Gallen. Der damals noch junge Kanton forcierte die Auflösung der grösseren Klöster als geistlich-weltliche Machtgebilde in seinem Kantonsgebiet und wollte sich diese materiell und ideell einverleiben. Eine der daraus resultierenden Konsequenzen war der sinnvolle Erhalt der Bauten.

Die Baugeschichte der klösterlichen Gebäude auf dem Klinikareal St.Pirminsberg geht zurück bis ins 8. Jahrhundert. Nach einem Grossbrand im Jahr 1362 wurden Klosteranlage und Kirche über eine lange Zeitspanne hinweg baulich erneuert.

1665 wurde die Klosteranlage erneut ein Raub der Flammen. Erst 1672 konnte der Bau des neuen, heutigen Konventgebäudes in Angriff genommen werden. 1688 wurde der Grundstein für die neue Kirche gelegt, die das Geviert nach Osten abschliesst und noch heute weitherum sichtbar den Eingang zum Taminatal beherrscht.

Kupferstich von Heinrich Ludwig Muoss von 1710 (Staatsarchiv)

Nach der Auflösung der benediktinischen Mönchsgemeinschaft im Januar 1838 übernahm der Kanton St.Gallen – wie bereits über dreissig Jahre zuvor beim Stiftsbezirk St.Gallen – auch in Pfäfers die Klosteranlage in sein Eigentum. Nach Jahren der Ratlosigkeit über die Nutzung des Areals wurde 1845 die Heil- und Pflegeanstalt St.Pirminsberg eingerichtet. Dies entsprach einerseits einem funktionellen öffentlichen Bedarf, andererseits sicherte es den Bestand der wertvollen Bauten.

Der heutige Bestand weist trotz baulicher Eingriffe einen hohen Zeugniswert seiner ursprünglichen Bestimmung auf. Die Umgrenzung des Klosters (der sog. limes paradisi oder die Umgrenzung des geistlichen-ideellen Areals) blieb noch bis ins 19. Jahrhundert bestehen.

Tiefe Einblicke in die Grundsätze der damaligen Psychiatrie gibt uns der «Situationsplan der damals neu zu gründenden Heil- und Pflegeanstalt von St.Pirminsberg» von 1846. Er teilt die Aussenflächen des Areals in verschiedene Höfe für die Patienten auf. Deren Bezeichnungen sind für unser heutiges Verständnis verstörend und muten keinesweg «paradiesisch» an, so zum Beispiel «Hof der unreinlichen Männer resp. Frauen» oder «Hof der unruhigen Männer resp. Frauen».

Verantwortung gegenüber Kulturerbe wahrnehmen   

Die grossartigen Bauten strahlen noch heute klösterliche Würde und Stille aus, aber auch lebendige Wohnlichkeit. Um diesen Idealfall für ein Kulturobjekt zu erreichen, müssen sich alle Beteiligten – die Nutzer, die Eigentümer und die Baufachleute – der Chancen eines solchen Bauwerks bewusst sein – aber auch der Verantwortung ihm gegenüber. Ein schönes Beispiel dafür ist die jüngste Renovation der Konventbauten. Sie besteht aus einer Mischung von Fachwissen, Respekt und Innovation.

Gartenanlage wurde rekonstruiert

Ein starkes Element der Verbindung von innen und aussen wie auch von Geschichte und Neuzeit: Aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen wurde die ursprüngliche Gartengestaltung bei der Umnutzung vor 175 Jahren entfernt. Damit verlor der Hauptbau seinen angemessenen Zugang und die Verbindung zum vorgelagerten Garten. Die heutige Rekonstruktion der Anlage mit kaskadenartigen Treppen hielt sich nicht sklavisch an die bekannten Vorlagen. Vielmehr wurde versucht, mit heutigen gestalterischen Mitteln und Materialien die Grandezza und Eleganz des Klassischen zu interpretieren und damit auch zeitlich klar zuzuordnen. Ein durchwegs gelungenes Vorhaben.