Coronavirus – unsere gemeinsame Herausforderung

Einige ganz persönliche Gedanken von Hans-Rudolf Arta, Generalsekretär, Sicherheits- und Justizdepartement
Fotos: Thomas Hary

Coronavirus – unsere gemeinsame Herausforderung

Einige ganz persönliche Gedanken von Hans-Rudolf Arta, Generalsekretär, Sicherheits- und Justizdepartement
Fotos: Thomas Hary

Zwölf Zentimeter ist er hoch: der Papierberg mit den Corona-Akten auf meinem Schreibtisch. Zuunterst die Notverordnungen des Bundesrates vom 13. März 2020 mit dem sperrigen Titel «Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus» mit etwa 20 Nachträgen, die sich im Takt weniger Tage überholten. Dann die kantonale Vollzugsverordnung mit mittlerweile auch schon sechs Nachträgen. Zahlreiche Regierungsbeschlüsse über Kompetenzen, Abläufe und Zeitguthaben. Schliesslich Medienmitteilungen, Vorgaben über Schutzkonzepte, parlamentarische Vorstösse, Gesetzesentwürfe und vieles mehr. Ich möchte nicht zählen, wie viele Tonnen Papier in der ganzen Staatsverwaltung wegen des Coronavirus verarbeitet wurden …

Die schiere Menge an Papier ist aber nur die eine, wohl unbedeutendere Seite der Medaille. Beschäftigt, belastet und manchmal auch bedrückt haben mich während des Coronajahres viel mehr die persönlichen und zwischenmenschlichen Fragestellungen. Klar – man kann im Homeoffice arbeiten sowie Telefon- und Videokonferenzen durchführen. Die Technik hierfür stand ja rasch und zuverlässig zur Verfügung. Aber wie schaffen wir es, dass aus dem vom Bundesrat empfohlenen «social distancing» nicht ein «social removing» wird? Wie kann ich als Führungskraft die psychische und physische Gesundheit meiner Mitarbeitenden am Arbeitsplatz bestmöglich schützen? Und nicht zuletzt: Wie geht es meiner Familie und mir selbst?

Im Spagat zwischen «so normal wie möglich, so eingeschränkt wie nötig» hat mich während der ersten Coronawelle im Frühjahr etwas tief beeindruckt: eine grosse zwischenmenschliche Solidarität. Wenn ich mit meinen Mitarbeitenden, sei es in der Kaffeepause oder beim persönlichen Gespräch, über ihr Befinden gesprochen habe, spürte ich immer wieder eine grosse Hilfsbereitschaft und ein grosses Verständnis, gerade auch für die Einschränkungen und Mehrbelastungen. Mitarbeitende unseres Departementes, deren Arbeitsplatz im Frühjahr geschlossen wurde, sprangen spontan bei Ämtern anderer Departemente ein. Im Kantonalen Führungsstab spielten alle «Rädchen», getragen von zahlreichen Mitarbeitenden aus allen Departementen, lösungsorientiert zusammen, manchmal mit etwas «Chroosen», aber immer auf das gemeinsame Ziel fokussiert: Wir lassen uns nicht unterkriegen!

Ich glaubte, diese Solidarität auch auf der Strasse zu spüren. Als ich am 17. März 2020 – am ersten Tag des Lockdown – meinen üblichen Mittags-Spaziergang durch die Gassen der Stadt machte, verströmte die seltsame Stille eine eigenartige Stimmung: Unsicherheit, ja fast Angst, und doch: aufmerksame Blicke, Zuversicht und Vertrauen in die am Vortag verkündeten Beschlüsse des Bundesrates. Solidarisch haben wir die erste Welle geschafft.

Und heute? Die befürchtete zweite Welle hat uns voll und noch stärker als im Frühjahr getroffen. Ich spüre in Familie, Freundeskreis und Arbeitsplatz die gleiche Solidarität und Hilfsbereitschaft wie im Frühjahr. Aber nach der trügerischen mehrmonatigen Ruhe über den Sommer, in der Fülle von widersprüchlichen Informationen, in der «Kakophonie» von Expertenmeinungen und in der Hoffnung auf einen Impfstoff, glaube ich in der Gesellschaft eine Polarisierung, eine wachsende Hektik und eine Abkehr vom «Wir-Gefühl» zu verspüren.

Ich bin überzeugt: Nur wenn wir alle miteinander solidarisch sind und aufeinander Rücksicht nehmen, wenn wir die – beileibe wenig einschneidenden – Einschränkungen unseres gesellschaftlichen Lebens akzeptieren und umsetzen, und wenn wir dabei auch an die älteren, kranken und schwächeren Glieder der Gesellschaft denken, können wir die Ansteckungszahlen und Hospitalisationen in der zweiten Welle nachhaltig senken. Wir alle können und müssen dazu beitragen – und welche Jahreszeit wäre hierfür besser geeignet als die Advents- und Weihnachtszeit?