Ehrenamtliche oder nebenamtliche Aufgaben übernehmen in einer Gemeinde: Wer das möchte, kann sich der Unterstützung des Kantons sicher sein. Schliesslich geht es um den Erhalt des Milizsystems. Die kantonale Unterstützung hat aber Grenzen.
Was ist das überhaupt, ein öffentliches Amt? Die Personalverordnung gibt Auskunft: Als öffentliches Amt gilt etwa die Tätigkeit als Mitglied eines Parlaments, einer Exekutive, eines Gerichts, einer Kommission oder eines anderen Gremiums des Bundes, eines Kantons, einer Gemeinde. Als öffentliches Amt gilt aber auch die Mitarbeit in einer anerkannten Religionsgemeinschaft.
Der Kanton St.Gallen begrüsst es, wenn Mitarbeitende öffentliche Ämter übernehmen – sei dies ehrenamtlich oder in einem Nebenamt. Die Begründung: Das Milizsystem stellt eine wichtige Säule des politischen Systems der Schweiz dar. Und es kann nur funktionieren, wenn die Bürgerinnen und Bürger bereit sind, sich in öffentlichen Ämtern zu engagieren.
Interessenkonflikte möglichst vermeiden
Ein schöner Nebeneffekt eines solchen Engagements: Einerseits profitieren die Mitarbeitenden persönlich davon, andererseits profitiert aber auch der Kanton von den Erfahrungen, die sich die Mitarbeitenden in öffentlichen Ämtern aneignen. Der Kanton hat also auch so gesehen gute Gründe, diese Mitarbeit zu
unterstützen.
Allerdings gilt es, Interessenkonflikte zu vermeiden. Es besteht eine Mitteilungspflicht: Wer ein öffentliches Amt ausüben will, soll dies rechtzeitig melden. Der Kanton als Arbeitgeber kann die Ausübung eines öffentlichen Amtes untersagen oder Auflagen festlegen, wenn sich das Engagement nachteilig auf die Arbeit beim Kanton auswirkt. Zudem darf das Amt nicht so zeitaufwendig sein, dass die Arbeit beim Kanton darunter leidet. Und schliesslich gibt es für einzelne Anstellungsverhältnisse sogenannte Unvereinbarkeitsbestimmungen: Generalsekretäre, Leiterinnen und Leiter der Ämter und Anstalten sowie Gerichtsmitglieder können aufgrund ihrer Stellung nicht in den Kantonsrat gewählt werden.
Bis zu 15 bezahlte Urlaubstage
Gerade wo es um die zeitlichen Aspekte geht, zeigt sich das grundsätzliche Wohlwollen des Kantons gegenüber einem öffentlichen Amt. Für deren Aus-übung können Mitarbeitende einen bezahlten Urlaub von bis zu 15 Tagen im Jahr beziehen. Ein Rechtsanspruch auf diesen Urlaub besteht indes nicht.
Unser politisches System in der Schweiz funktioniert nur, wenn sich die Menschen für dieses einsetzen. Einen solchen Einsatz vermag jeder/jede zu erbringen. Ich selbst amte als Gemeinderat in einer kleinen Rheintaler Gemeinde. Einerseits interessiert mich, wie ein solches Gemeinwesen im Detail funktioniert. Dieses Amt erlaubt es gerade, die exakten Abläufe, die rechtlichen Voraussetzungen jedes Entscheides, ganz allgemein das "System Gemeinde" in allen Facetten kennenzulernen. Darüber hinaus sind es die persönlichen Begegnungen mit der Bevölkerung, welche ich sehr schätze. Schliesslich vermag ich meine beruflichen Schwerpunktthemen, die Landwirtschaft und das Recht, optimal in die Ratsarbeit der Landgemeinde einzubringen. Dass der Arbeitgeber mein Engagement immer und vorbehaltslos unterstützt, schätze ich ebenfalls sehr.
Walter Appert, Berater und Lehrer, landwirtschaftliche Schule Salez & Gemeinderat
Freiwilliges Engagement ist vielfältig und ich habe schon während meiner Lehrzeit in der Stadtverwaltung festgestellt, dass mich insbesondere politische Themen interessieren. Deshalb war der Schritt ins Gossauer Stadtparlament nur konsequent. Spannend ist die Mitwirkung bei der Gesetzgebung als Kantonsrätin. Als Stadträtin setze ich Verordnungen und Reglemente um und habe die Möglichkeit, eine anspruchsvolle Führungstätigkeit auszuüben. Die Politik bietet einen grossen, sinnstiftenden Gestaltungsraum. Ebenso in der Schule: Unterrichten ist eine verantwortungsvolle und erfüllende Tätigkeit, die ich nicht missen möchte. Sowohl im Klassenzimmer als auch in der Politik ist man sehr exponiert. Damit lernt man mit der Zeit umzugehen.
Claudia Martin, Berufsfachschullehrerin KBZ St. Gallen & SVP-Kantonsrätin, Stadträtin Gossau
Als Lehrer mit mehreren Jahren Praxiserfahrung, als Autor und Erziehungswissenschaftler an der PHSG in Forschung und Lehre wollte ich mein Wissen auch politisch einbringen. In meinem Amt als Schulratspräsident bin ich zusammen mit unseren Schulleiterinnen, dem Schulrat und der Verwaltung zuständig für die Schwerpunkte der Schule und deren Umsetzung. Als Bildungspolitiker kann ich dieses Wissen im Kantonsrat sehr gut einbringen. Ich fühle mich von der PHSG dabei gut unterstützt, eine problematische Seite gibt es nicht. Alle Gremien vom Schulrat bis zum Kantonsrat müssen die Vielfalt der Bevölkerung einigermassen repräsentieren. Und ich meine, die Zusammensetzungen passen weitgehend.
Bernhard Hauser, Schulratspräsident Sargans & SP-Kantonsrat
Ich bin in einer lebhaften Familie aufgewachsen, dazu gehörte auch, dass viel politisiert wurde. Deshalb bin ich auch heute politisch aktiv, und zwar als Kantonsrätin für die CVP. Im Rat und innerhalb der Fraktion vertrete ich in erster Linie die Landwirtschaft. Als Leiterin der Bäuerinnenausbildung am landwirtschaftlichen Zentrum sind für mich Bildungsfragen wichtig, als Mutter von fünf Töchtern interessieren mich selbstverständlich auch Frauenfragen. Mein politisches Amt hat viele Vorteile: Ich war in fast allen ständigen Kommissionen und habe als Kantonsrätin ein gutes Netzwerk aufgebaut. Dies hilft in meinem Arbeitsalltag. Problematisch ist es, wenn ich mich bei politischen Vorstössen wegen meines Berufes zurückhalten sollte.
Seline Heim, Leiterin Bildung Bäuerin und Bäuerliche Hauswirtschaft, Landwirtschaftliches Zentrum St.Gallen & CVP-Kantonsrätin
Nach dem Studium der Staatswissenschaften hatte ich den Wunsch, Politik aktiv mitzugestalten, und trat der FDP bei. Seit 2009 bin ich Mitglied des Parlaments, heute als FDP-Fraktionschef, 2015 präsidierte ich das Stadtparlament. Für meine berufliche Tätigkeit ist das politische Mandat eine grosse Bereicherung. Es hilft mir, die Anliegen der jeweils anderen Seite besser zu verstehen und gegenseitig Verständnis zu schaffen. Ich kann zudem meine berufliche Erfahrung im Amt für Mittelschulen in den Parlamentsbetrieb einbringen. Meine Vorgesetzten haben mich immer zum politischen Engagement ermuntert. Gerade während meines Präsidialjahres habe ich auch die grosszügigen Absenzmöglichkeiten zur Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes sehr geschätzt, welche der Kanton gewährt.
Adrian Bachmann, Leiter betriebswirtschaftliche Abteilung, Amt für Mittelschulen & FDP-Stadtparlamentarier Wil