Die Berufsbildung wandelt sich radikal. Die Digitalisierung bringt neue Berufe hervor und lässt bestehende verschwinden. Didaktische Ansätze müssen diesen Veränderungen genügen und zusätzliche Kompetenzen vermitteln. Mit dem WiLab möchte das Berufs-und Weiterbildungszentrum Wil-Uzwil (BZWU) die Berufsbildung neu denken.
«Einweihungen sind für mich nicht das Wichtigste, sondern was danach kommt», sagt Marco Frauchiger, Rektor am BZWU. Der 44-Jährige klingt dabei sehr zuversichtlich. Er bezieht sich auf die neue Lernlandschaft WiLab. Hier werden Lernende seit September nach einem neuen didaktischen Ansatz ausgebildet: individuelle Lerngruppen statt Klassenverband, Fach- und Lerncoaching statt Frontalunterricht, um nur einige Aspekte zu nennen. Entwickelt wurde das Lernkonzept zusammen mit der Pädagogischen Hochschule St. Gallen. Es wird laufend analysiert und bei Bedarf angepasst.
Detailhandel im Wandel
Der Pilot WiLab ist eine Antwort auf die rasante Entwicklung in der Berufsbildung. Im Zuge der Digitalisierung verändern sich viele Berufe grundlegend oder verschwinden komplett. Ein gutes Beispiel ist der Detailhandel. «Der Anteil an Online-Plattformen nimmt enorm zu. Die vielseitigen Anforderungen an Detailhandelsfachleute steigen. Dabei spielen der Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologie, Problemlösetechniken oder Projekt- Know-how eine immer grössere Rolle», führt Frauchiger aus. Als weiteres Beispiel nennt er die kaufmännische Ausbildung. Wie jene im Detailhandel durchläuft sie aktuell ebenfalls tiefgreifende Reformen auf nationaler Ebene.
Digitale Revolution
Berufe waren schon immer dem gesellschaftlichen und technischen Wandel unterworfen. Im Zuge der industriellen Revolution haben Mechanik und Automatisierung Abläufe und Tätigkeiten einschneidend verändert – nun also die Digitalisierung. «Wir gehen heute davon aus, dass etwa die Hälfte der Berufsfelder in Zukunft komplett anders aussehen könnte», sagt Frauchiger. In allen Berufen, wo Arbeit digitalisiert werden könne, werde dies auch geschehen. Weniger von diesem Wandel betroffen sei hingegen das klassische Gewerbe. Maurer werde es in der heutigen Form weiterhin geben, ist Frauchiger überzeugt.
Hohe Ansprüche, neue Erkenntnis
Die neuen oder veränderten Berufe setzen zudem meist einen hohen Kreativitätsgrad, eigenverantwortliches Denken und Handeln voraus. Herkömmliche Lernstrukturen mit Frontalunterricht vor einer zufällig zusammengesetzten Klasse genügen diesen Ansprüchen nicht mehr. Aus dieser Erkenntnis und inspiriert durch das Konzept der Co-Working-Spaces in der Wirtschaft ist die Idee zum WiLab entstanden. Der Kanton unterstützt WiLab im Rahmen der IT-Bildungs-offensive. Setzt sich der Ansatz durch, wird auch die Lehrerinnen- und Lehrerbildung neu gedacht werden müssen. Der Anfang ist gemacht. Wichtig ist nun, was danach kommt.