Straffällige Jugendliche in ihren Verfahren begleiten, den Medien Auskunft geben und dabei dem öffentlichen Interesse gerecht werden. Das ist der Beruf von Beatrice Giger, Jugendanwältin und Medienbeauftragte der kantonalen Staatsanwaltschaft. Die Straffälligen auf die richtige Bahn bringen, das ist ihr Ziel.
Beatrice Giger, Sie setzen sich dafür ein, dass Gesetzesübertreter ihre gerechte Strafe bekommen – was reizt Sie daran?
Ich wollte schon immer meinen Teil zu einer gerechteren Gesellschaft beitragen. Die Allgemeinheit hat vielleicht das Gefühl, dass wir die Leute nur vor Gericht bringen möchten. Ich für meinen Teil möchte den Menschen auch etwas Gutes tun. Obwohl ich mich in meinem Berufsalltag mit vielen unschönen Ereignissen konfrontiert sehe, versuche ich immer, den Menschen hinter der Tat nicht zu vergessen.
Sie sprechen von unschönen Ereignissen. Was machen besonders schwerwiegende Delikte mit Ihnen?
Mir ist es schon immer ziemlich gut gelungen, mich von Delikten und den Personen dahinter abzugrenzen. Ich setze mich zwar stark mit den Fällen auseinander, nehme sie aber nicht mit nach Hause. Mir persönlich ist es wichtig, ruhig und gestärkt in den Tag zu starten. Ich stehe morgens früh auf und mache Körper- und Energieübungen. Fast wie ein Ritual. Das hilft mir, immer wieder zu mir selbst zu finden.
Weshalb sind Sie Jugendanwältin?
Die junge Generation, ihre Probleme und Sorgen interessieren mich. Es motiviert mich, die Jugendlichen wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Das ist ein wesentliches Ziel des Jugendstrafrechts. Es geht vor allem um Erziehung und Resozialisierung. Die Tat – ausser bei besonders schweren Delikten und bei Bagatelldelikten – steht eher im Hintergrund.
Hatten Sie schon das Gefühl, dass die Rechtsprechung nicht immer dem Gerechtigkeitsempfinden der Öffentlichkeit entspricht? Dass Recht und Gerechtigkeit manchmal auseinanderliegen?
Als angehende Studentin hatte ich vielleicht noch das Gefühl, dass Recht gleich Gerechtigkeit ist. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass dem nicht immer so ist. Justiz ist keine exakte Wissenschaft. Man kann oft nur bei sich selbst ansetzen und seinen Teil zu einer gerechteren Welt beitragen. Ich habe den Anspruch an mich, Entscheide zu treffen, hinter denen ich auch mit dem Herzen stehen kann. Das Gesetz muss dabei eingehalten werden. Trotzdem frage ich mich immer: Kann ich meine Entscheidung vertreten?
Sie geben als Mediensprecherin Auskunft zu Fällen mit hohem öffentlichen Interesse. Wie viel Informationen darf man bei solchen Fällen preisgeben?
Es ist eine Gratwanderung. Auf der einen Seite steht das Amtsgeheimnis. Auch kriminaltaktische Überlegungen sind zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite steht das Recht auf Information. Wir wollen und dürfen keine Geheimjustiz betreiben. Ich muss die Fälle zuerst gut genug kennen, bevor ich dazu Auskunft erteilen kann. Zudem ist es von Vorteil, die Medienschaffenden kennenzulernen. Mit der Zeit entwickelt man ein Gespür dafür, wann man auch einmal etwas «off the record» sagen kann.
Abschliessende Frage: Lesen oder schauen Sie gerne Krimis?
(lacht) Gar nicht. Ich habe bereits genug Krimi in meinem Beruf. Ich schaue höchstens mal einen Tatort mit meinem Partner.