Die Rubrik Hand-Werk gehört dieses Mal Yvonne Rohner, Prophylaxehelferin. Sie ist als «Zahnfee» in den Schulen unterwegs und erklärt den Schülerinnen und Schülern, wie sie ihre Zähne pflegen müssen. Wir haben sie begleitet.
08:50
Der erste Termin an Yvonne Rohners heutigem Arbeitstag ist ein Heimspiel: Sie besucht die Primarschule Marbach, nur wenige Gehminuten von ihrem Haus entfernt. Yvonne Rohner ist eine von drei Prophylaxehelferinnen, die in den Schulen des Kantons Zahnprophylaxe-Unterricht durchführen und Kinder und Jugendliche über Zahngesundheit und Mundhygiene aufklären. Dabei passt sie den Unterrichtsstoff dem Alter des Publikums an. Was interessiert eine 6.-Klässlerin speziell? Zum Beispiel, wie man die Zähne putzen muss, wenn man eine Zahnspange trägt. Besonders die Bilder von ungesunden und schlechten Zähnen hinterlassen grossen Eindruck bei den Schülerinnen und Schülern der 6. Klasse in Marbach. Kurz vor oder mitten im Teenageralter rücke das Aussehen mehr in den Vordergrund, meint Yvonne Rohner. «Schöne Zähne und gute Mundhygiene werden plötzlich viel wichtiger, wenn das andere Geschlecht in den Fokus rückt», sagt die Expertin schmunzelnd.
09:40
Die erste Lektion des Tages ist vorbei und es geht weiter zum Unterstufenschulhaus Marbach. Dort beenden die Schülerinnen und Schüler einer 2. Klasse gerade ihre Pause. In der Atmosphäre des Unterstufen-Klassenzimmers wird klar, warum die Prophylaxe-Helferinnen auch «Zahnfeen» genannt werden. Der Raum wird ganz still und die Kinder beobachten neugierig die fremde Frau, die gerade ihren Namen an die Wandtafel schreibt. Sie kommt nur einmal im Jahr vorbei und ist in dieser Woche die Hauptattraktion mit ihren farbigen Arbeitsblättern, ihrer viel zu grossen Zahnbürste und ihrem lustigen Krokodil-Stofftier mit dem ungewöhnlichen Gebiss. Yvonne Rohner macht diesen Beruf seit fünf Jahren. Vorher hat sie während zehn Jahren in einer Zahnarztpraxis gearbeitet. Das Unterrichten und Lehren habe sie schon immer fasziniert. Während ihrer früheren Tätigkeit hat sie zusätzlich in Luzern überbetriebliche Kurse für lernende Dentalassistentinnen und Dentalassistenten geleitet.
10:50
Die Mittagspause verbringt Yvonne Rohner in ihrem Zuhause, das sie sich mit ihrem Sohn und ihrer Tochter teilt. Beide sind in der Lehre und verbringen ihre Mittagspausen am Arbeitsort. Yvonne Rohner muss das Haus erst in mehr als eineinhalb Stunden wieder verlassen. «Das ist zwar ein langer Mittag, aber besser, ich kann zu Hause essen, als dass ich in einem Dorf bin, das kein Restaurant und sonst auch keine Geschäfte hat», sagt sie. Solche Mittagspausen hat sie auch schon erlebt. Jeder Schule im Kanton St.Gallen wird die Zahnprophylaxe angeboten. Wer das Angebot in den Regionen Rheintal, Werdenberg und Sarganserland in Anspruch nimmt, erhält Besuch von Yvonne Rohner. Sie deckt 40 Schulgemeinden ab und besucht pro Jahr mehr als 300 Klassen. Heute hat sie einen sehr abwechslungsreichen Tag. Manchmal klappert sie an einem Vormittag mehrere Klassen ab – an anderen Tagen dann nur einen einzigen Kindergarten.
«Schöne Zähne und gute Mundhygiene werden plötzlich viel wichtiger, wenn das andere Geschlecht in den Fokus rückt.»
Yvonne Rohner
12:30
Yvonne Rohner packt ihre Unterlagen und Utensilien ein, gibt in ihrem Autonavigationssystem die Adresse ein und acht sich auf nach Grabs. Sie koordiniert die Termine mit den interessierten Schulen selbst und kann so selbstständig arbeiten. Wenn möglich, legt sie Termine in benachbarten Schulen auf den gleichen Tag, um unnötige Fahrten zu vermeiden.
13:30
Die Lektion im Grabser Kindergarten startet vollkommen anders als jene am Vormittag in der Marbacher Schule. Dort sassen die Schülerinnen und Schüler gespannt an ihrem Platz, bis die «Zahnfee» zu sprechen begann. Hier im Kindergarten stellen die Kinder einen Zwirbel auf den Boden und hüpfen auf einem Bein um ihn herum, bis er aufhört, sich zu drehen – Yvonne Rohner packt unterdessen ein Bilderbuch aus und macht sich mit ihren kleinen Zuhörerinnen und Zuhörern vertraut.
Nach einer spielerischen Lektion dürfen sich die sechs Kinder verabschieden und rennen auf den Spielplatz, während sich Yvonne Rohner mit den anwesenden Müttern der Kindergartenkinder unterhält. Ihr werden von den Eltern immer viele Fragen gestellt. Es sei deshalb wichtig, dass sie Berufserfahrung aus dem Dentalwesen habe. «Ich bringe viel Wissen mit und ich weiss auch, wie es ist, wenn Kinder beim Zahnarzt sind», sagt sie
15:00
Die Mütter bedanken sich für die Zeit, die sich Yvonne Rohner für sie genommen hat, und die Kinder winken der «Zahnfee» zu, als sie ihr Auto belädt und den Heimweg antritt. Die teilweise langen Autofahrten seien einer der wenigen Nachteile ihres Berufs. Das werde aber bei Weitem damit kompensiert, dass sie solch grosse Freude an ihrer Arbeit hat. Yvonne Rohner ist jeden Tag mit Herzblut dabei: «Diese Arbeit gebe ich so schnell nicht mehr auf.»