Eng verbunden mit dem Thema «Geld» sind die verschiedenen Geldinstitute und deren Gebäude. Die Nutzung und die Erscheinung der Bankgebäude haben sich in der vergangenen Zeit sehr gewandelt. Ein anschauliches Beispiel dazu ist der ehemalige Hauptsitz der St.Galler Kantonalbank an der Schützengasse in St.Gallen.
Das ehemalige Bankgebäude an der Ecke Schützengasse/St.Leonhardstrasse wurde 1884 zur Zeit der Stickereihochblüte im aufstrebenden Quartier zwischen Altstadt und Bahnhof nach den Plänen des Architekten Bruno Schmitz, Düsseldorf, erstellt. Der repräsentative Bau lehnte sich in der Architektur frappant an den Renaissance-Palazzo Iseppo Porto in Vicenza aus dem 16. Jahrhundert von Andrea Palladio an. Imposante Treppenanlagen und eine grosszügige Kundenzone mit den Kassen dominierten das Erdgeschoss. Die Beletage – also das schönste Stockwerk – umfasste die Verwaltungsräume der Direktion mit der Buchhaltung. Ein weiteres Geschoss belegte die ausgesprochen repräsentative Direktionswohnung. Mit nicht weniger als rund 350 Quadratmetern Fläche machte sie einen Drittel der Hauptnutzfläche aus. Vergeblich suchen wir im Untergeschoss des damaligen Gebäudes einen Tresorraum. Vielmehr nehmen dort der Weinkeller und weitere Nebenräume der Direktionswohnung den grössten Platz in Anspruch
Sicherheitsbedürfnis rückt in den Vordergrund
Bereits 1916 änderten sich diese Verhältnisse erheblich mit einem neuen Anbau an der Nordseite. Massgebend war das Bedürfnis nach Sicherung der Bargeldbestände und kundenseitiger Wertsachen, was zum Bau einer unterirdischen Tresoranlage führte. Diese wurde in mehrere Kompartimente unterteilt, wovon einzelne den Kunden direkt zugänglich waren.
Hochinteressant war das damalige, heute recht «analog» anmutende Überwachungssystem: Zwischen den Tresoraussenwänden aus starkem Beton und den allseitig umfassenden Untergeschossmauern bestand ein begehbarer Zwischenraum. Dieser konnte übereck mittels ausgeklügelter Spiegeltechnik von einem Standort überblickt werden, sodass bei den periodischen Kontrollgängen ein allfälliger «Panzerknacker» bei seiner Arbeit in flagranti ertappt werden konnte. Ein identisches Kontrollsystem finden wir auch bei der Tresoranlage der ehemaligen Sparad, der Sparkasse der katholischen Administration im Stiftsbezirk.
Direktionswohnung wird eliminiert
Weitere gravierende Umgestaltungen erfolgten 1949 und 1956. Die Kundenbereiche wurden damals «modernisiert», der Tresorbereich anstelle des Weinkellers nochmals kräftig erweitert und die Privatwohnung eliminiert. Diesen gründlichen Eingriffen fielen sämtliche historischen Interieurs und alle architektonischen Stilelemente im Inneren zum Opfer. Immerhin ist die eindrückliche Fassade mit der kraftvollen Tektonik noch weitgehend erhalten und verleiht der Stadt ein wenig die Grandezza des sogenannten Cinquecento (Spätrenaissance).
Die Kantonalbank verliess das Gebäude im Zusammenhang mit dem gegenüberliegenden Neubau um 1977. Danach erfolgten Zwischennutzungen durch die Staatsverwaltung ohne grössere Bautätigkeiten. Aktuell beherbergt das Haus die Büroräume der Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen. Gleichzeitig wird vom Hochbauamt eine Neunutzung des kulturhistorisch wichtigen Bauwerks für das Kreisgericht und eine entsprechend sorgfältige Umgestaltung geprüft. Die wertvolle äussere Erscheinung und bedeutsame Teile im Inneren wie zum Beispiel die Tresoranlage sollen dabei erhalten bleiben.