«Ich bin mit Ihrem Vorschlag einverstanden, Herr Bauchef.» – «Vielen Dank, Frau Regierungspräsidentin.» Obwohl es in keinem Reglement festgehalten ist, sprechen die Mitglieder der Regierung in ihren Sitzungen Hochdeutsch und siezen sich konsequent. Das hat seine Gründe, so Staatssekretär Canisius Braun: «Die höflichen Anreden zeugen von gegenseitigem Respekt, auch wenn nicht alle gleicher Meinung sind.» Der Gebrauch von Hochdeutsch bringe die Regierungsrätinnen und Regierungsräte dazu, in der Sprache ihrer Geschäfte zu sprechen. Das heisst, sie gehen Diskussionen sachlich an. In der Pause wird aber auf die Förmlichkeiten verzichtet. «Du, Fredy!», heisst es dann wieder.
Dasselbe gilt im Kantonsparlament. Wie in der Regierungssitzung geht es im Kantonsrat darum, die formalisierte Debatte von der Kaffeepause zu trennen. «Die Ratsmitglieder debattieren als Kantonsrätinnen und Kantonsräte, nicht als gute Freunde. Sie vertreten ihre Meinung als Politikerin oder Politiker in ihrer gewählten Funktion», sagt Lukas Schmucki, Leiter Parlamentsdienste. Es möge etwas aus der Zeit gefallen wirken. Diese Umgangsformen seien aber durchaus legitim. Kommt hinzu: Die hochdeutsche Debatte zu protokollieren ist einfacher, sei es für die Protokollführenden oder für das automatische Spracherkennungssystem. Eine Diskussion in Dialekt müsste erst übersetzt werden.
Damit sind nicht alle einverstanden. Im Frühjahr 2016 verlangten mehrere Kantonsräte mit einem Vorstoss im Rat, es solle allen möglich sein, in der Session so zu sprechen. Die Antwort, dass das Spracherkennungssystem nicht mit Mundart umgehen könne, nahm Kantonsrat Erwin Böhi nicht hin. Der Kanton Wallis verwende ein ähnliches Programm für die Protokollierung und dieses verstehe sogar den Oberwalliser Dialekt. Kantonsrat Meinrad Gschwend war vom Vorstoss so begeistert, dass er seine Argumente gleich in Mundart darlegte. Für ihn ist klar: Die Diskussion im Rat wäre lebendiger, interessanter und frischer, würde sie auf Schweizerdeutsch geführt. Die Motionäre hatten schliesslich keinen Erfolg – trotz der leidenschaftlichen Voten der beiden Kantonsräte.