...

«Mut haben und hinschauen»

Jürg Daniel ist der neue Leiter im Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen. Im Interview erklärt er, wie PFAS die Arbeit im Amt umkrempeln und weshalb Chemie alles ist.

Interview Markus Wehrli | Foto Thomas Hary

Juerg Pfalzbrief 2025 02 Juerg Daniel 0004 (2)

Jürg, du bist oberster Lebensmittelverantwortlicher im Kanton. Gehst du immer mit gutem Gefühl in St. Galler Restaurants?
Natürlich. Denn die Restaurants, die offen sind, sind einwandfrei, weil wir sie kontrolliert haben. Unsere Arbeit garantiert das. Wenn wir auf hygienisch schwierige Umstände stossen, ahnden und verfolgen wir es.

Du bist seit Anfang Jahr neuer Kantonschemiker und neuer Amtsleiter – ein harter Einstieg?
Der Teil des Kantonschemikers nicht so sehr, diese Arbeit kenne ich. Ich habe auch sehr gute Leute im Team, die mich unterstützen. Die Rolle als Amtsleiter ist dagegen nahrhaft, weil vieles neu ist. Zum Beispiel der aktuelle Budgetprozess oder das Sparprogramm. Solche Dinge fordern mich.

Was beschäftigt dich am meisten?
Unser Amt hat mit Verbraucherschutz und Veterinäramt unterschiedlichste Teilbereiche, da kommt immer viel zusammen. Gegenwärtig sind die PFAS ein grosses Thema. Aber auch Tierschutzfälle kommen regelmässig herein.

Umweltchemikalien wie PFAS haben an Bedeutung zugenommen. Wie verändert das eure Arbeit?
PFAS sind eine grosse Herausforderung für St.Gallen. Die betroffenen Bauern sind aufgebracht, weil sie sich in ihrer Existenz bedroht fühlen. Insgesamt bedeutet das für uns massiv mehr Arbeit. Ich bin als Amtsleiter auch in die nationalpolitischen Prozesse in Bern eingebunden, bei denen es darum geht, wie mit PFAS in Lebensmitteln umgegangen werden soll. St.Gallen ist bei den PFAS in eine Art Expertenrolle gekommen.

PFAS in Lebensmitteln nachweisen ist nicht einfach. Musstet ihr auf externe Hilfe zugreifen?
Nein, wir haben sehr findige Leute bei uns. Sie haben die entsprechenden Methoden selbst entwickelt.

Macht dir die zunehmende Bedrohung durch Umweltchemikalien Angst?
Ich bin jemand, der nach vorne schaut. Meine Perspektive ist: Wie können wir ein Problem lösen? Wir müssen den Mut haben hinzuschauen, wenn ein Verdacht besteht. Es geht darum, die Risiken für die Menschen möglichst tief zu halten und entsprechend zu handeln. Angst nützt da nichts.

Als Amtsleiter stehst du jetzt im Rampenlicht, gerade bei unangenehmen Themen. Wie gehst du mit dem Druck um?
Für mich ist das kein Druck. Ich habe gewusst, was auf mich zukommt. Eine gute Vorbereitung ist in solchen Situationen alles. Und ich versuche, proaktiv zu sein und offen zu kommunizieren, um nicht in die Defensive zu geraten. Das hat bis jetzt gut funktioniert.

«Mein Ziel ist es, gute Bedingungen und eine moderne Umgebung für unsere Arbeit zu schaffen.»

Der Ton ist rauer geworden. Etwa bei Tierschutzkontrollen hat die Aggressivität zugenommen. Wie geht ihr damit um?
Verhindern können wir es nicht. Aber wir entwickeln laufend Massnahmen für solche Situationen. Einerseits zum Beispiel mit Trainings zur Deeskalation. Aber auch damit, dass unsere Leute bei solchen Kontrollen zu zweit sind oder dass Polizeischutz dabei ist, falls das Eskalationspotenzial besonders hoch ist. Ich denke, dass meine Mitarbeitenden aber auch gelernt haben, mit solchen Situationen umzugehen.

Was ist das, dass Kontrollen vermehrt Aggression auslösen?
Oft sind diese Personen überfordert. Das zeigt sich darin, dass auf ihren Betrieben die Dinge aus dem Ruder laufen. Wenn wir dann gerufen werden, treffen wir auf ein Pulverfass. Geht es dann zusätzlich um Tiere, die wir diesen Personen wegnehmen müssen, liegen die Nerven blank. Dann kann es schnell eskalieren.

Themawechsel. Du bist Doktor der Chemie. Was fasziniert dich an Atomen und Molekülen?
Chemie ist alles. Sei es unser Essen, seien es unsere Kleider, sei es Wasser oder Luft: Es ist immer Chemie, es sind immer chemische Verbindungen, die die Dinge zu dem machen, was sie sind. Chemie ist das Fundament. Das fasziniert mich seit jeher.

Mit dir als neuem Amtsleiter und neuem Kantonschemiker und mit der gleichzeitigen Neubesetzung des Kantonstierarztamtes weht frischer Wind durch das AVSV. Was ist dein wichtigstes Ziel?
Ich möchte diesen frischen Wind nutzen. Mein oberstes Ziel ist, gute Bedingungen und eine moderne Umgebung zu schaffen, damit wir unsere Arbeit immer wieder frisch, offen und neugierig angehen können.