In Zeiten von Corona, Industrie 4.0, Digitalisierung und New Work erlebt das Thema «Neuorientierung» ein Revival. Im Homeoffice hatten die Menschen Zeit, über mehr persönliche Freiheit und über ein Ausbrechen aus dem Hamsterrad nachzudenken. Begriffe wie Sinnfindung, Selbstverantwortung, Kreativität und Selbstwirksamkeit sind für viele in den Vordergrund gerückt. Diesen Menschen liegt es am Herzen, eine sinnstiftende, zu ihren Talenten passende Beschäftigung zu finden, also ihre Berufung ausleben zu können.
Dabei unterstützt sie die Abteilung Coaching Arbeitsmarkt des Amtes für Wirtschaft und Arbeit (siehe Box). In vielen Fällen wissen Personen, die hier Rat suchen, nur, was sie nicht mehr tun wollen. Doch sie haben keinen Plan, in welche Richtung es in Zukunft gehen soll. Für mich sind diese Kundinnen und Kunden willkommene Knacknüsse, bei denen ich so richtig in Fahrt komme. Mit viel Geduld, offenen Fragen, Brainstorming, Diagnostiktests und anderen Coaching-Tools gehe ich ans Werk.
Hohe Zufriedenheit erreichen
Ich bin seit zehn Jahren als Job-Coach tätig. In dieser Zeit fiel mir auf, dass es zahlreiche Menschen gibt, die von wiederkehrender Arbeitslosigkeit betroffen sind. Ich vermute, dass sich ein Grossteil dieser Kundinnen und Kunden im falschen Beruf befindet, weswegen sie Widerstände, Unzufriedenheit und mehrfache Stellenverluste erleben. Das Ziel eines gelungenen Job-Coachings sollte eine nachhaltige berufliche Wiederintegration sein, die einhergeht mit einer hohen Arbeits-und Lebenszufriedenheit. Dies war beziehungsweise ist auch ein zentrales Lebensthema von mir selbst: Ich habe Arbeitslosigkeit schon selber erlebt und kann zudem auf die Erfahrung aus 25 Jobs in verschiedensten Branchen zurückblicken. Derzeit absolviere ich berufsbegleitend den MAS in Berufs-, Studien-und Laufbahnberatung.

Einen fixen Arbeitsplatz haben wir Job-Coaches nicht. Unser Alltag ist geprägt von örtlichen Wechseln, kurzfristigen Einsätzen und Programmänderungen, weshalb Improvisationstalent und geistige Flexibilität gefordert sind. Auch die typische Kundin oder den typischen Kunden gibt es nicht. Gerade auch der rasche Wechsel von einem Gegenüber zum nächsten erfordert es, genau zuzuhören, und verlangt eine hohe Konzentration, Kreativität, Empathie und ein vielfältiges Repertoire an Fragetechniken. Ständig variierende Gegebenheiten in Bezug auf Herkunft, Bildungsstand, Gesundheit und Motivation der Klientinnen und Klienten sind das tägliche Brot von uns Job-Coaches. Wir beraten alle – vom Produktions-Hilfsarbeiter über den CEO bis hin zur Universitäts-Professorin.
Ich kenne Arbeitslosigkeit und habe Erfahrung in 25 Jobs.
Den neuen Weg gefunden
Oft können sich die gecoachten Personen nach einiger Zeit von der Arbeitslosenversicherung abmelden. Sie kehren dann zurück in ihren angestammten «Brotjob» und absolvieren eine berufsbegleitende Weiterbildung, um in den «Berufungsjob» zu gelangen.
So wie das Kadermitglied einer Bank, das ich vor Kurzem bei seiner Neuorientierung begleiten durfte. Der Frust stand dem Kunden ins Gesicht geschrieben, als er im ersten Coaching von seiner früheren Anstellung berichtete. Überstunden, Boni-Getriebenheit, Mobbing und Intrigen waren an der Tagesordnung. Am Schluss des Coaching-Prozesses hatte der Kunde eine klare Zielvorstellung von seiner beruflichen Zukunft. Seine Leidenschaften sind Naturschutz und Biodiversität. Heute steht er in der Ausbildung zum Umweltberater und begibt sich mit leuchtenden Augen in die Vorstellungsgespräche bei Umweltschutz-Institutionen.