«Für Jugendliche ist es heute schwieriger»

Zum letzten Mal Regierungspräsident. Stefan Kölliker widmet sein Präsidialjahr der Jugend.

Andrea Schmid, Stabsmitarbeiterin Bildungsdepartement

«Für Jugendliche ist es heute schwieriger»

Zum letzten Mal Regierungspräsident. Stefan Kölliker widmet sein Präsidialjahr der Jugend.

Andrea Schmid, Stabsmitarbeiterin Bildungsdepartement

Stefan, was bedeutet dir dein letztes Präsidialjahr?
Ich habe mich auf jedes Präsidialjahr gefreut! Sie sind intensiv und organisatorisch manchmal eine Herausforderung, trotzdem ist es schön, den Kanton St.Gallen für ein Jahr als Primus inter Pares nach aussen zu vertreten. Der Unterschied im dritten Präsidialjahr ist, dass ich es aufgrund der Erfahrung mehr geniessen kann, gelassener und routinierter bin. Der übervolle Terminkalender lässt sich mit der Aussicht auf mein Ausscheiden aus der Regierung deutlich besser bewältigen.

Ich habe mehr Diskussionen über Klima, Gender und Wokeness erwartet.

Warum hast du dafür das Motto «Dialog mit der Jugend» gewählt?
Während der vergangenen über 15 Amtsjahre als Vorsteher des Bildungsdepartements, zu dem auch der Sport gehört, habe ich mich überwiegend für junge Menschen engagiert. Sie sind die Triebfeder für meine Arbeit. Ich wollte ein Motto, das dies abbildet. Es ging mir auch darum, ihnen den Zugang und den persönlichen Austausch mit dem Regierungspräsidenten zu ermöglichen. Ich möchte hören, was sie zu sagen haben, was sie beschäftigt und welche Fragen sie stellen. Dieser Austausch ist für mich eine Inspiration, die ich in meine Arbeit einfliessen lasse und als persönliche Bereicherung mitnehmen werde.

Wie sieht dein Dialog mit der Jugend konkret aus?
Für das Präsidialjahr sind sechs Termine an Mittelschulen und Berufsfachschulen geplant. Die Jugendlichen bereiten sich in den Klassen vor und wir führen eine Diskussion im Klassenzimmer. Thematisch sind sie völlig frei, ihre Fragen oder Standpunkte kenne ich vorab nicht. Die bisherigen Themen haben mich überrascht. Ich habe mehr Diskussionen über Klima, Gender und Wokeness erwartet. Stattdessen haben wir über das Schulsystem gesprochen und über wichtige, zeitlose Themen, die gegenwärtig etwas untergehen, etwa, wie wir Sachverhalte aus der Optik anderer Kulturen betrachten können, bevor wir uns ein Urteil bilden.

Welche der bisherigen Begegnungen sind dir in besonderer Erinnerung geblieben und weshalb?
Ich war generell sehr beeindruckt, wie gut sich die Schülerinnen und Schüler vorbereitet hatten. Sie hatten genau recherchiert und wussten, wovon sie sprachen. Zudem hat mich die differenzierte und analytische Argumentationsfähigkeit einzelner Jugendlicher fasziniert. Auch dafür sind Dialoge wichtig: Man lernt, sich vorzubereiten, die richtigen Informationen zu suchen und sich die Argumente zu überlegen. Ich freue mich auf die weiteren Gespräche!

 


Diese Worte musst du kennen, wenn du mit jungen Menschen sprichst.

Crush: bezeichnet die Person, für die jemand schwärmt oder in die jemand verliebt ist. Es bezieht sich meist auf eine starke romantische Anziehung oder Verliebtheit. Dabei kann dieses Verliebtsein heimlich sein oder erwidert werden.

flexen: bedeutet so viel wie angeben oder mit etwas prahlen. Wenn jemand ständig versucht, andere zu beeindrucken, dann «flext» diese Person. Ein «Flex» kann zum Beispiel auch ein teures Auto sein.

Digga(h): wird je nach Kontext für Kumpel, Freund, Kollege oder Bruder verwendet und auch von Frauen benutzt. Es ist eine umgangssprachliche, aber nette Ansprache für enge Freunde. Beispiel: «Lass uns ins Kino gehen, Digga.» Oder «Hey Digga, was geht?»

Rizz: Derjenige, der Rizz besitzt, ist bekannt für seine herausragende Art, wenn es darum geht, Frauen anzumachen. Die angewendeten Techniken und Strategien bleiben ein wohlgehütetes Geheimnis.

lost: drückt aus, dass sich eine Person in einer verwirrenden oder unklaren Situation befindet oder sich verloren fühlt. Kann sich auf persönliche Unsicherheit, Orientierungslosigkeit oder Verwirrung beziehen, wird oft auch humorvoll verwendet.

Side Eye: Das «Side Eye» ist ein misstrauischer Blick, der verwendet wird, wenn man eine Handlung der angeschauten Person als komisch oder seltsam empfindet oder die von ihr getätigte Aussage hinterfragt.

NPC: Non-Player-Character kommt aus der Gamer-Welt und bezeichnet Figuren, die nicht gesteuert werden können. NPC beschreibt jemanden, der nicht selbstständig denkt, ein «Mitläufer» oder einfach nur unwichtig ist.

Welches sind die Herausforderungen der heutigen Jugend?
Ich finde, sie haben es schwieriger als wir damals. Sie müssen ihre Entscheidungen in einer sich rasch verändernden Welt mit immer mehr Optionen treffen. Bei der Berufswahl und in der Freizeit stehen ihnen mittlerweile unzählige Möglichkeiten offen. Ich empfinde es auch als schwieriger, in einer solchen Welt Halt und Werte zu vermitteln. Bei rascher Veränderung fehlt die Verlässlichkeit, die für junge Menschen besonders wichtig ist. Mit diesen Herausforderungen umzugehen, ist eine Schlüsselkompetenz, die sich die heutige Jugend aneignen muss.

Und wie hast du deine Jugend in Erinnerung?
Ich bin im Zürcher Unterland in der Nähe des Flughafens aufgewachsen, wo mein Vater arbeitete. Meine Jugend war von häufigen Reisen in die ganze Welt und den vielfältigen Erfahrungen als Eishockeygoalie geprägt. Der Druck aus Schule, Lehre und Beruf, aber auch aus dem gesellschaftlichen Umfeld war nicht besonders gross. Nicht nur, aber auch deswegen habe ich meine Jugend in bester Erinnerung.