
Fast jeder und jede kennt das. Spätestens nach zehn Jahren an derselben Stelle fragt man sich: Und jetzt? War’s das? Wie weiter? Gian Andrea Rezzoli ist Leiter Personalentwicklung der St.Galler Kantonspolizei. «Wir wollen natürlich vermeiden, dass uns die Leute in solchen Situationen verlassen», sagt er. Mehr noch: Die Kapo setze darauf, dass die Mitarbeitenden nicht einfach gehalten werden können, sondern dass sie sich möglichst weiterentwickeln. «Hat man die nötige Flexibilität, kann man auch eine Traumkarriere bei der Kantonspolizei St.Gallen machen», sagt er. So wie es der 57-Jährige selbst erlebt hat: Nach der Polizeischule einige Jahre auf einem Polizeiposten, später der Wechsel zur Kriminalpolizei, dann leitende Funktion in der Abteilung Spezialdienst, nach einem Abstecher in die Kommunikation schliesslich die Berufung zum Leiter der Personalentwicklung. «Meine Stationen waren meistens völlig neue Berufe, die ich jeweils erlernte», sagt Rezzoli. Dem gewinnt er nur Positives ab: «Wo kann man das schon, innerhalb derselben Firma so viele verschiedene Tätigkeiten lernen und ausüben?».

Gian Andrea Rezzoli
Leiter Personalentwicklung, Kantonspolizei St.Gallen
Etwas aus den Leuten machen
Möglichkeiten aufdecken, den Leuten zeigen, was ihr Potenzial ist, ihnen nahebringen, was sie alles erreichen können, das möchte Rezzoli auch als Leiter der Personalentwicklung der Kapo. Man muss das Wort «Personalentwicklung» wörtlich nehmen: Es geht buchstäblich darum, die Mitarbeitenden zu bilden und zu entwickeln. «Wir wollen den Leuten eine Perspektive geben, die sie mit ihrer Anstellung bei der Kantonspolizei haben. Wir wollen, dass die Leute wissen, dass sie diese und diese realen Möglichkeiten, Chancen und offenen Wege haben, wenn sie hier arbeiten. Und wir wollen auch, dass die Vorgesetzten immer und zu jeder Zeit in der Lage sind, ihren Leuten diese Möglichkeiten aufzuzeigen.»
Die St.Galler Kantonspolizei, ein Feld von Perspektiven und Chancen also. Eine der Absichten dabei: «Wenn es uns gelingt, diese Möglichkeiten, möglichen Berufswege und Entwicklungen aufzuzeigen, die mit einer Anstellung bei der Kapo gegeben sind, dann schaffen wir einen zusätzlichen Anreiz, bei der Kapo zu arbeiten. Wir werten die Arbeit bei der St.Galler Kantonspolizei damit auf.» Das Ziel liegt auf der Hand: Motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden, anstellen und sie auch halten können – «möglichst lange natürlich, im Idealfall ein Leben lang», sagt Rezzoli.
Bewegen muss sich die Kantonspolizei auch aus einem weiteren Grund: Junge und geeignete Leute, die sich zur Polizistin oder zum Polizisten ausbilden lassen wollen, sind rar und bei den Polizeikorps in der Schweiz und Ostschweiz heiss begehrt. «Wir fischen alle im selben Gefäss möglicher Bewerberinnen und Bewerber», sagt Rezzoli, der Markt sei umkämpft. Und gerade deshalb sei es wichtig, als St.Galler Polizeikorps die richtigen Signale auszusenden: Wir sind innovativ, wir sind modern, wir zeigen Perspektiven – das sei ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Korps.
Vorteile für alle
Was auf dem Papier einfach klingen mag, ist in der konkreten Umsetzung eine Herkulesaufgabe. Zentrales Instrument der neuen Personalentwicklung ist ein Kompetenzenkatalog zu allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Funktionen und Fortbildungen. «Wir fächern mit dem Katalog auf, was die Stärken unserer Leute sind, wo ihr Entwicklungspotenzial liegt und was daraus abgeleitet die Perspektiven sind. Das ist die Grundlage für die konkrete Weiterentwicklung», sagt Rezzoli. Der Kompetenzenkatalog sei eine Art Analyseinstrument, das den Mitarbeitenden und Vorgesetzten gleichermassen diene. «Er versetzt die Vorgesetzten in die Lage, ihre Leute gezielt vorwärtsbringen zu können. Und er regt die Mitarbeitenden selbstverständlich dazu an, selbst darüber nachzudenken, was sie bei der Kapo erreichen können und wollen.» Schliesslich diene der Katalog der Kantonspolizei auch dazu, für spezifische Jobbilder in den eigenen Reihen gezielt nach Leuten suchen zu können.
Wir fächern mit dem Katalog auf, was die Stärken unserer Leute sind, wo ihr Entwicklungspotenzial liegt und was daraus abgeleitet die Perspektiven sind.
Gian Andrea Rezzoli ist zuversichtlich, dass das aktuelle Projekt der Personalentwicklung ein Erfolg wird. «Wenn es uns gelingt, dass die Leute sich gezielt weiterentwickeln, verändern und ihre Erfüllung im Beruf finden, dann ist das nicht nur für sie selbst gut. Es ist auch ein Gewinn für die Kantonspolizei als Ganzes, weil sich Erfahrungen, Kompetenzen und Wissen kumulieren.» Das Projekt hat jedenfalls bereits die Aufmerksamkeit in anderen Abteilungen der Verwaltung geweckt.