Die Biodiversitätsstrategie lässt den Kanton St.Gallen aufblühen

Simone Zeller und Atlant Bieri, Amt für Natur, Jagd und Fischerei

Die Biodiversitätsstrategie lässt den Kanton St.Gallen aufblühen

Simone Zeller und Atlant Bieri, Amt für Natur, Jagd und Fischerei
Was haben ein Lachmöwen-Küken auf dem Obersee, ein Birnbaum mitten in Lichtensteig und eine Gelbbauchunke in einer ehemaligen Kiesgrube gemeinsam? Sie alle sind Teil der Biodiversitätsstrategie des Kantons St.Gallen. Verabschiedet hat diese die Regierung im Rahmen der Schwerpunktplanung 2017–2027, um ihrem strategischen Ziel von widerstandsfähigen Ökosystemen mit einer reichhaltigen Biodiversität Rechnung zu tragen. Seit dem Start im Jahr 2018 ist die Biodiversitätsstrategie ein gelungenes Instrument, um im Kanton die notwendige Förderung der biologischen Vielfalt voranzutreiben.

Einen ganzen Strauss von Massnahmen sollen verschiedene Ämter aus dem Volkswirtschaftsdepartement und dem Baudepartement bis 2025 umsetzen. Und schon vor Erreichen der Halbzeit steht fest: Die Strategie ist ein Erfolg. Jedes Jahr schafft sie neue Biotope für Amphibien und neue Lebensräume für einheimische Arten mitten in Dörfern und Städten. Ebenso werden Trockenwiesen, Flachmore und Auen auf Herz und Nieren geprüft und falls notwendig saniert. Dies geschieht nach dem Motto «ein blühender Kanton für Gesellschaft und Wirtschaft». Um den Überblick bei diesem riesigen Betätigungsfeld nicht zu verlieren, setzen zehn Massnahmen gezielte Akzente.

Der Siedlungsraum erblüht

Eine der Massnahmen ist die Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum. Dabei sollen um Bauten, Anlagen und Strassen, wo immer möglich, naturnahe Flächen entstehen. Das Amt für Natur, Jagd und Fischerei (ANJF) ist 2019 mit gutem Beispiel vorangegangen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ANJF haben eine trostlose und «tote» Kiesfläche unmittelbar vor ihren Büros an der Davidstrasse eigenhändig in ein blühendes Paradies mit bunter Vegetation umgewandelt.

Die Umwandlung von Beton und Kiesbetten in Biodiversitätsoasen ist auch ein neues Betätigungsfeld des Hochbauamtes geworden. Im Jahr 2021 hat es mehrere kantonseigene Flächen und Anlagen aufgewertet, darunter beispielsweise die Grünflächen der Pädagogischen Hochschule Gossau. In den nächsten Jahren sollen weitere 73 Hektaren Land rund um kantonseigene Anlagen folgen. Zudem schult das Hochbauamt die Hauswarte und Werkpersonen so, dass sie bei Pflege- und Unterhaltsarbeiten dieser neuen Grünflächen gleichzeitig auch die Biodiversität erhalten und fördern.

Eine Stadt zum Essen

Eine weitere wichtige Massnahme, gerade bei der urbanen Artenvielfalt, ist die Unterstützung der Gemeinden bei der Biodiversitätsförderung. Der Kanton St.Gallen hat beispielsweise der Gemeinde Lichtensteig im Rahmen eines Pilotprojekts finanzielle Unterstützung zugesichert. Dank diesen Mitteln können die Mitarbeitenden des Werkhofs ein Biodiversitätskonzept erstellen, die Grünflächen erfassen und einen Plan vorlegen, wie sich diese in ökologisch wertvolle Flächen umwandeln lassen.

Dabei setzt man im Städtchen vor allem auch auf das geschmackliche Erleben der Biodiversität. So haben die Mitarbeitenden dutzende Hochbeete gebaut und an Strassenrändern, neben Sitzbänken und bei Parkplätzen verteilt. In ihnen wachsen essbare Pflanzen wie Küchen- und Teekräuter, Salat oder auch Heilkräuter. Für den grösseren Hunger werden auf Böschungen, neben Strassenrändern und auf Schulhausarealen Beeren und Obstbäume gepflanzt.

Regionaler Genpool erhalten

Ein wichtiger Faktor sowohl bei Projekten im Siedlungsraum als auch bei Aufwertungen von Naturschutzgebieten ist die Verwendung von regionalem Saat- und Pflanzgut. Das heisst, die Samen von Wildblumen oder Heckenpflanzen werden zuvor im Feld – im Kanton St.Gallen oder zumindest in der Ostschweiz – gesammelt und dann vervielfältigt. Das ist zwar aufwändiger und teurer als die Pflanzen einfach zu bestellen, gewährleistet allerdings, dass der Genpool der Ostschweizer Pflanzen nicht verwässert wird. Mit regionalem Saatgut lassen sich somit genetische Besonderheiten erhalten und die Wildpflanzen sind dadurch ideal an die lokalen Umweltbedingungen angepasst.

Aufblühende Zusammenarbeit

Die Biodiversitätsstrategie des Kantons St.Gallen lässt nicht nur biodiversitätsreiche Pflanzen, sondern auch die Zusammenarbeit mit diversen Institutionen erblühen: Die Umsetzungsmassnahmen bedürfen viel Koordination und Absprachen zwischen den verschiedenen Ämtern, aber auch mit den Nachbarkantonen und mit Privaten, was immer wieder zu neuen Ideen und Vorhaben führt. Dieser blühende Geist der Zusammenarbeit wird sicherlich auch in Zukunft noch viele Früchte tragen.