Wenn ich heute meine Autonummer deponieren möchte, google ich das, nutze die Suche auf sg.ch oder klicke mich via Navigation von «Verkehr» zu «Strassenverkehr». Und morgen? Dann frage ich vielleicht einen KI-Bot, der mir direkt die passende Antwort liefert. Genau das testete der Kanton im Mai mit einer KI-Suche.
Antworten auf 40 000 Fragen
Der Wunsch dahinter ist nicht neu. Schon beim Start des Relaunchs von sg.ch 2018 führten wir zahlreiche Tests und Befragungen durch. Was wollen die Menschen auf sg.ch? Wenn ich diese Rückmeldungen auf einen Satz verdichten müsste, wäre es dieser: «Ich will einfach möglichst schnell ans Ziel kommen.» Eine simple, aber prägende Erkenntnis. Niemand surft auf sg.ch, um sich zu unterhalten oder zu stöbern, welche Verordnung gerade revidiert wurde.
Niemand surft auf sg.ch, um sich zu unterhalten oder zu stöbern, welche Verordnung gerade revidiert wurde.
Stattdessen steuern täglich bis zu 40 000 Personen unsere Website mit einem klaren Anliegen an. Aber sie haben – anders als bei einer Firma – Anliegen, die sich thematisch komplett unterscheiden können: Schulferienplan, Fahrzeugzulassung, Hundegesetz, Steuererklärung, Sozialhilfe, Abstimmungen, Kurzarbeit.
Damit alle diese Anliegen beantwortet werden, können wir uns nicht nur auf Google verlassen. Unsere Lösung war damals: eine prominente Suche, die bereits bei der Eingabe Vorschläge macht. Ergänzt mit Kacheln auf Portalseiten, die in Alltagssprache direkt auf wichtige Inhalte verlinken.
Traum und Wirklichkeit
Perfekt ist das damals eingeführte System nicht: Die Suche liegt manchmal daneben, die Navigation führt in Sackgassen und überhaupt spricht die Verwaltung von Kontrollschildern statt von Autonummern. Und wenn man dann endlich am richtigen Ort ist, fragt man sich: Was steht da eigentlich? Als dann die neue Technologie der KI auftauchte, sah ich sofort das Potenzial für sg.ch.
Der KI musste beigebracht werden, dass ein «Pass» bei uns eher ein amtliches Dokument als ein Gebirgsübergang ist
2023 startete unser KI-Projekt. Wir träumten von einem Assistenten, der auf jede Frage zum Kanton eine verständliche Antwort hatte. Antworten würden Inhalte aus mehreren Seiten kombinieren und dank Einschränkung der KI-Suche auf sg.ch bliebe die Antwort verlässlich.
Die Realität war dann ernüchternder. In den ersten Tests der KI-Suche fragte ich zum Beispiel: Wie sieht das Wappen des Kantons St.Gallen aus? Die Antwort: Es ist rot, abgebildet ist Gallus. Der KI musste beigebracht werden, dass ein «Pass» bei uns eher ein amtliches Dokument als ein Gebirgsübergang ist – oder dass ein Amtsleiter auch eine Frau sein kann.
Test der KI-Suche in Zahlen
- 2961 Nutzerinnen und Nutzer
- 6662 beantwortete Fragen
- 464 positive Rückmeldungen
- 508 negative Rückmeldungen
- 60% würden KI-Suche gelegentlich nutzen, weitere 30%, wenn verbessert
- 86% fänden Weiterverfolgung sehr wichtig oder eher wichtig
Es war – und ist – ein Lernprozess. Für uns, für die KI und für die Nutzerinnen und Nutzer. Klar wurde aber auch: Nicht nur technisch gibt es Luft nach oben. Die KI zeigte Fragen auf, zu denen der Kanton gar keine Inhalte hatte. Deshalb müssen wir uns nicht nur technisch weiterentwickeln, sondern auch ständig unsere Inhalte überprüfen und anpassen.
Leben mit KI
Mit den Schwächen klassischer Suchen haben sich viele längst arrangiert. Man weiss: anders fragen, nochmals probieren. Aber wenn eine KI im Namen des Kantons etwas Falsches sagt – ist das dasselbe wie eine ungenaue Auskunft am Telefon? Solche Fragen haben uns beschäftigt. Auch diese: Können wir eine KI-Suche öffentlich testen – obwohl sie (noch) nicht immer richtig liegt?
Abschliessende Antworten habe ich nicht. Wir haben den öffentlichen Test gewagt, wissend, dass die KI-Suche noch nicht perfekt ist. Die Rückmeldungen helfen uns schon jetzt weiter: bei der Verbesserung unserer Inhalte, der klassischen Suche – und beim Verständnis, wie Menschen wirklich Informationen finden. Sechs Jahre nach dem Relaunch ist das Ziel unverändert: Die Menschen sollen möglichst schnell finden, was sie suchen. Die Wege dorthin verändern sich – und wir uns mit ihnen.