Das Schotterwerk Sargans

Einblicke

Michael Niedermann, dipl. Architekt FH SWB und Kantonaler Denkmalpfleger Departement des Innern, Foto: Louis Beringer, Zürich

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Die Aufbereitungsanlage Malerva des Eisenbergwerkes am Gonzen in der Region Sarganserland wird fast liebevoll «Schotti» genannt. Betrachter und Betrachterinnen, die sich dem Koloss nähern, werden erst mal von einem Gebäude sprechen. Das Objekt könnte als solches durchgehen, denn es weist ein Dach und Fassadenteile aus Backsteinen auf. Sobald die Türen geöffnet und die ersten Eisentreppen bezwungen sind, wird aber jedem Besucher und jeder Besucherin klar: Das ist eine gewaltige Maschine. Und spätestens wenn – rein gedanklich – die Maschinenanlage subtrahiert wird, merken wir: Vom Gebäude bleibt nichts mehr übrig, ausser den erwähnten Backsteinen. Diese liegen jedoch als Haufen auf dem Boden.

Ausflug zur Geisterbahn

Reisen Sie mit mir in die Vergangenheit und nehmen Sie an einem virtuellen Rundgang teil. Die Eisenbergwerke Gonzen bauten noch im 19. Jahrhundert im Sarganser Hausberg Eisenerz ab, weitestgehend in Gruben. Das Abbau- Gestein wurde mit einer Seilbahn direkt ins «Schotti» transportiert. In der obersten Ebene der ganzen Maschinerie – bei der Seilbahn- Talstation – beginnt unsere abenteuerliche Reise. Über meterlange Rollbänder wurden die Gesteinsbrocken auf Rütteltischen, Gesteinsmühlen, Läutertrommeln und Brauseanlagen bearbeitet und sortiert. Der Verlauf kann mit einer Geisterbahn verglichen werden: unzählige Schlaufen, Absturztrichter, viel Lärm, Staub und Rumpeln. Zuunterst warteten die Eisenbahnwaggons auf das möglichst von Zuschlagsstoffen befreite Eisenerz zum Abtransport in die Hochöfen im benachbarten Ausland.

Vom Eisenbergwerk zum Kulturobjekt

Die ersten gesicherten Hinweise zum Erzabbau im Sarganserland führen ins 14. Jahrhundert, werden aber schon weit früher vermutet. Über Jahrhunderte prägte die Eisengewinnung und auch die Verarbeitung des Erzes die ganze Region Sarganserland. Die Aufbereitungsanlage Malerva wurde 1939 als Ersatz einer älteren Anlage errichtet und verarbeitete pro Tag bis zu 500 Tonnen Gestein. In den 1950er-Jahren wurde der Stollenabbau auf der Höhe der Talebene verlegt. Neu kam das Gestein nicht mehr von oben über die Seilbahn in die Anlage, sondern von unten. Die dazu notwendigen Transporteinrichtungen rissen tiefe Wunden in die bestehenden Anlageteile.

1966 wurde der Bergwerksbetrieb ganz eingestellt. Seither bangt das Schotterwerk um seine bauliche Existenz. Gemäss den heute geltenden Schutzbestimmungen verfügt das Schotterwerk über einen ver­gleichbaren Schutzstatus wie das Schloss Sargans. Der bauliche Zustand verschlechtert sich leider zunehmend. Noch ist das Kulturobjekt zu retten. Die Gemeinde Sargans zeigt dazu Engagement und orts­bauliche Planungen verdeutlichen, dass sich die Anlage gut in eine neue Bebauung des Areals integrieren lässt und diesem ein identitätsstiftendes Gepräge geben kann. Eine Umnutzung der Anlage ist herausfordernd. Sie wird nur zurückhaltend möglich sein und muss die noch erhaltenen Anlageteile respektieren. Vermutlich heisst es auch hier wie so oft: Weniger ist mehr.

Die Ausstrahlung des Objekts mitsamt den ganzen Bergwerksanlagen, welche heute bereits öffentlich zugänglich sind, reicht dabei weit über das Areal hinaus. Sie ist ein kulturelles Zeugnis für die wirtschaftliche Entwicklung des Sarganserlandes während einer ihrer wichtigsten Phasen.