Mitunter treiben amtliche Texte kuriose (Stil-)Blüten. Wer erinnert sich nicht an den legendären «Bündnerfleisch»-Auftritt von alt Bundesrat Hans-Rudolf Merz im Nationalrat? Ein Mitarbeiter hatte zum Thema der Verzollung von gewürztem Fleisch ein derart verschwurbeltes Manuskript verfasst, dass Merz beim Vorlesen von einem Lachanfall durchgeschüttelt wurde.
Solche komischen Momente haben durchaus eine ernsthafte Seite. Wenn Herr und Frau Schweizer die Schriftstücke aus den Amtsstuben nicht (mehr) verstehen, liegen die Probleme auf der Hand: Um eine Anweisung zu befolgen, muss man sie zunächst erfassen können. Auch seine eigenen Rechte wahrnehmen kann nur, wer weiss, worum es überhaupt geht. Ohne ein wenigstens grundlegendes Verständnis von amtlichen Texten sind Risse in der Gesellschaft die Folge.
Einfach, aber falsch…
Die Gründe, warum diese Texte häufig (zu) kompliziert wirken, sind vielschichtig. Eine gewisse Bequemlichkeit von Verfasserinnen und Verfassern, die in ihrem «Slang» verhaftet sind, gehört sicher dazu. Aber mit der Forderung, das Juristen- oder Beamten-deutsch endlich zu überwinden, machen es sich einige Kritikerinnen und Kritiker zu leicht. Häufig ermöglichen erst etwas sperrig anmutende Formulierungen, präzise Festlegungen zu treffen. Es nützt gerade bei Rechtstexten nichts, wenn etwas auf den ersten Blick «mundgerecht» erscheint, in Wahrheit aber Lücken aufweist, unlogisch ist oder zu Missverständnissen führt. Hinzu kommt: Das heutige Bedürfnis nach immer komplexeren und differenzierteren Regelungen setzt einer leicht zugänglichen sprachlichen Umsetzung Grenzen. Nehmen wir an, zu einer Vorschrift soll es eine Ausnahme geben, für diese wiederum eine Gegenausnahme und dazu noch einen Vorbehalt – das lässt sich kaum in einem einfachen Satz formulieren.
Übung macht den Meister
Diese Überlegungen bedeuten keineswegs, dass wir in der Verwaltung mit den Schultern zucken sollten. Im Gegenteil: Das Ringen um Verständlichkeit ist eine ständige und wichtige Aufgabe. Bemühungen gibt es auf mehreren Ebenen: So werden in der Staatskanzlei die Entwürfe von Erlassen, Botschaften und Berichten auch auf Verständlichkeit geprüft, bevor sie an Regierung und Kantonsrat gehen. Die Departemente und Ämter veröffentlichen wesentliche Inhalte von Beschlüssen in möglichst bürgernaher Sprache auf den verschiedensten Kanälen. Und in der direkten Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern – zum Beispiel in Verfügungen – ist es das erklärte Ziel, vermehrt alltagssprachliche Begriffe zu verwenden.
Zu guter Letzt aber auch dies: Die Leserinnen und Leser können ebenso einen Beitrag zur gelingenden Kommunikation leisten – Interesse, Übung und Hartnäckigkeit erleichtern das Verständnis auch von schwierigen Texten.