Die Zelebration des Abgangs

«Ich schleppte Weinkisten und ein Gutscheinbündel nach Hause. Und die Gewissheit: Abschiede sind bittersüss.» - Luca Gishelli

Pfalzbrief

Die Zelebration des Abgangs

«Ich schleppte Weinkisten und ein Gutscheinbündel nach Hause. Und die Gewissheit: Abschiede sind bittersüss.» - Luca Gishelli

Pfalzbrief

«Das ist kein Grund zum Feiern», antwortete die Mitarbeiterin des Sekretariats im Spätsommer, als ich ihr sagte, dass ich mich auf ihre Abschiedsfeier freue. Sie mochte ihre Arbeit sehr, und die Pensionierung empfand sie fast als Strafe. Als würde man ihr etwas wegnehmen. Einen Apéro gab es dennoch, aber bereits einige Wochen vor ihrem letzten Arbeitstag. So fühlte sich der Abschied weniger endgültig an.

Was für ein Glück, dachte ich, wenn man so kurz vor dem Ruhestand so über seinen Beruf denkt. Und nicht wie andere die Tage zählt, bis die Pension dann endlich da ist. Vom AHV-Bezug bin ich noch 33 Jahre entfernt. Ich arbeite also ab heute länger, als ich auf der Welt bin. Und doch habe ich mir nur wenige Wochen nach besagtem Abschied der Sekretariatsmitarbeiterin ähnliche Fragen gestellt. Auch mir stand ein Abschied bevor: Nach acht Jahren hatte ich meine Stelle bei der Tagblatt- Stadtredaktion gekündigt, am 1. Oktober würde ich in der Staatskanzlei bei der Dienststelle Kommunikation beginnen.

Je schwerer die Abschiede fallen, desto mehr sollte man sie feiern

Je näher der letzte Arbeitstag rückte, desto weniger stand mir der Sinn nach Feiern. Mir war bewusst, was ich aufgebe: Die vielen Kolleginnen und Kollegen etwa, die ich fortan nicht mehr jeden Tag sehen würde. Über die Jahre haben sich am Arbeitsplatz auch Freundschaften entwickelt. Würden sie den Jobwechsel überdauern? Da war eine Blackbox, die mich erwartete. Neue Kolleginnen und Kollegen, ein neues Arbeitsumfeld, ein Branchenwechsel. Aufregend! Aber eben, ein Sprung ins Ungewisse.

Nichtsdestotrotz feierte ich meinen Abschied auf der Redaktion gleich zweimal. Einmal inoffiziell an meinem letzten Arbeitstag mit dem Team. Wir tranken Bier, froren auf dem Redaktionsdach und bestellten spätabends Pizza ins Sitzungszimmer. Zwei Wochen später dann offiziell, mit Apéroplättli, Ansprachen und Abschiedsgeschenken. Ich schleppte Weinkisten und ein Gutscheinbündel nach Hause. Und die Gewissheit: Abschiede sind bittersüss. Je schwerer sie fallen, desto mehr sollte man sie feiern. 

Mittlerweile bin ich seit knapp drei Monaten in der Staatskanzlei. Zu sagen, ich sei schon voll angekommen, wäre wohl eine Übertreibung. Ich lerne jeden Tag dazu – und zwar viel. Nach einigen Tagen war mir klar, dass unsere Dienststelle gemeint ist, wenn jemand SK-KOM schreibt. Nach einer Woche wusste ich, was das BUD ist und nach zwei Wochen, was mit AfKu und KAB-KEP gemeint ist. Mittlerweile finde ich mich sogar im GEVER zurecht – und das will etwas heissen. 

Ich habe ein halbes Dutzend Medienmitteilungen geschrieben und noch mehr verschickt, ich habe Instagram-Posts vorbereitet und mich in der Mediendatenbank verirrt. Ich war bei einem Videodreh für die interne Kommunikation dabei und ich finde die verschiedenen Ein- und Ausgänge des Regierungsgebäudes mittlerweile problemlos. Ende September hätte ich nichts davon von mir behaupten können. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!