Eine neue Lehre beim Kanton

Rafael Niethammer ist der Erste, der beim Kanton die Ausbildung zum Mediamatiker absolviert. Für ihn ein Volltreffer. Denn er macht jetzt zum Beruf, was er vorher in seiner Freizeit machte.

Text: Susanne Wahrenberger | Bild: Thomas Hary

Eine neue Lehre beim Kanton

Rafael Niethammer ist der Erste, der beim Kanton die Ausbildung zum Mediamatiker absolviert. Für ihn ein Volltreffer. Denn er macht jetzt zum Beruf, was er vorher in seiner Freizeit machte.

Text: Susanne Wahrenberger | Bild: Thomas Hary

Rafael Niethammer arbeitet an einem Kochbuch für ein Asylzentrum. Ist er Autor, Koch oder vielleicht Betreuer? – Nein. Rafael absolviert eine Lehre als Mediamatiker, als erster Auszubildender in diesem Berufsfeld beim Kanton St.Gallen. Startschuss seiner Ausbildung war das Basislehrjahr im Berufsbildungszentrum St.Gallen. Hier hat er sich viel Grundwissen für seinen Beruf angeeignet: Programmiersprachen lernen, Videos aufnehmen und schneiden, Bilder bearbeiten oder Flyer gestalten. Im Sommer 2024 wechselte er dann ins Sicherheits- und Justizdepartement, wo der praktische Alltag seiner Ausbildung begann. Womit wir auch wieder beim Kochbuch wären.

Fremde Küchen und Sprachen

Mitarbeitende des Asylzentrums haben die Bewohnerinnen und Bewohner nach ihren Lieblingsrezepten gefragt und diese ins Deutsche übersetzt. Aus dieser kulinarischen Vielfalt gestaltet Rafael nun ein mehrsprachiges Kochbuch. Eine besondere Herausforderung sind für ihn dabei die speziellen Schriftzeichen der Fremdsprachen: «Weil ich Schreibfehler gar nicht erkenne, waren mehrere Korrekturrunden nötig.»

Alles, was ich hier lerne, ist eigentlich mein Hobby.

Trotz der Schwierigkeiten sind es gerade solche Projekte und die damit verbundene Vielseitigkeit, die Rafael am besten gefallen und seine Ausbildung besonders machen. Um möglichst viele verschiedene Arbeitsbereiche kennenzulernen, arbeitet Rafael nach dem SJD ein halbes Jahr im Personalamt. Für die beiden letzten Ausbildungsjahre wechselt er dann in die Kommunikation der Staatskanzlei.

Das Lieblingsfach ist Gestalten

Dass Rafael als Mediamatik-Lernender beim Kanton möglichst vielseitig ausgebildet wird, ist auch Raouf Selmi wichtig. Der Leiter Livekommunikation und Multimedia wird Rafael und die künftigen Lernenden während der beiden Jahre in der Staatskanzlei betreuen. Dafür werde er rund 20 Prozent seines Arbeitspensums aufwenden: «Es ist mir wichtig, dass ich genügend Zeit für die Lernenden habe. So lernen sie alle Aspekte ihres Berufes kennen.» 

Der Beruf des Mediamatikers passt gut zu ihm, das hat Rafael beim Schnuppern sehr schnell gemerkt. «Alles, was ich machen musste, war eigentlich ein Hobby von mir», sagt er. Auch in seiner Freizeit dreht und schneidet er gerne Videos. Ein weiteres Hobby ist Fotografieren. Am liebsten die Natur und Tiere. Sein Lieblingsfach in der Schule: Gestalten. 

Der Aufwand lohnt sich

Und auch Ausbilder Raouf startet motiviert in seine neue Rolle. Rund fünf Jahre sind seit der ersten Idee für diese neue Lehrstelle vergangen. In dieser Zeit hat Raouf zusammen mit der Nachwuchsentwicklung den Ausbildungsplan erstellt, sich mit dem Berufsverband der Mediamatiker ausgetauscht und einen Berufsbildnerkurs absolviert. Der Aufwand lohne sich, sagt Raouf. Denn die Jugendlichen seien nahe dran an der technologischen Entwicklung, davon profitiere auch der Kanton. «Mich hat beeindruckt, wie selbstverständlich Rafael mit der KI umgeht. Er führt mit ihr einen Dialog, während viele andere noch googeln.»

Mich beeindruckt, wie selbstverständlich Rafael mit der KI umgeht. Er führt mit ihr einen Dialog, während andere noch googeln.

Fernziel: Selbstständigkeit

Programmieren, filmen, fotografieren, gestalten: Besteht bei einer so breit gefächerten Ausbildung nicht die Gefahr, dass man zwar vieles ein bisschen kann, aber eben nichts richtig gut? Diesen Gedanken hatte Rafael auch schon. Irgendwann möchte er sich selbstständig machen. Dafür müsste er sich dann wohl auf ein Gebiet spezialisieren. Aber die Vielseitigkeit könne auch ein Vorteil sein: «Es ist doch praktisch, wenn ich meine Kundinnen und Kunden umfassend beraten kann.» Vielleicht kann er sie dann sogar mit Rezept-Tipps aus aller Welt überraschen. 

"Die neue Lehre ist wichtig für die Verwaltung"

Der Kanton baut sein Lehrangebot weiter aus. Warum genau? Drei Fragen an Nachwuchsleiterin
Nanthini Tharmarajha.

Weshalb bietet der Kanton die Mediamatik-Ausbildung an?
Die Ausbildung fördert die Kombination aus technischen und gestalterischen Kompetenzen, welche in der heutigen digitalen Welt nicht wegzudenken sind. Sie fokussiert darauf, digitale Projekte zu konzipieren, umzusetzen und zu managen. Dies beinhaltet unter anderem Webentwicklung, Datenverarbeitung und Nutzung moderner Softwarelösungen. Mediamatikerinnen und Mediamatiker sind in der Lage, Inhalte zu erstellen und zielgruppenorientierte Botschaften zu vermitteln. Dies ist für die öffentliche Verwaltung besonders wichtig. 

Was ist der Zusammenhang zum Kanton als Arbeitgeber?
Der Kanton St.Gallen möchte im Rahmen der personalpolitischen Ziele seine Arbeitgeber-Attraktivität stärken. Dazu gehört der Ausbau von Nachwuchsgefässen. Einerseits soll dies mit der Förderung des eigenen Nachwuchses über die Berufsbildung erreicht werden, andererseits mit Programmen für Hochschulabsolventen. Der Ansatz ist eng mit der neuen HR-Strategie verknüpft, qualifizierte Fachkräfte zu erhalten, neue zu gewinnen, zu fördern und an uns zu binden.

Welcher neue Lehrberuf ist als Nächstes geplant?
Aktuell sind keine weiteren geplant. Der Kanton bietet bereits eine breite Palette an Lehrberufen an und entwickelt seine Berufsbildung kontinuierlich weiter. Nebst der Mediamatik-Ausbildung gehört neu auch der Lehrberuf «Entwickler/in digitales Business» seit Sommer 2024 zum Ausbildungsangebot.